Eine Eigenentwicklung ist für uns dann sinnvoll, wenn sie einen entscheidenden Vorteil bringt. Stichwort Batteriezelle: Wir bauen pro Jahr rund zweieinhalb Millionen Fahrzeuge in ganz unterschiedlichen Segmenten, davon zuletzt knapp 430.000 BEV. Mit einer eigenen Gigafactory, die alle Batteriegrößen mit allen Zellchemie-Varianten fertigt, ließen sich für uns keine Skaleneffekte erzielen. Für Einstiegsmodelle braucht man zum Beispiel eine Lithium-Eisenphosphat-Zelle und für alles darüber Nickel-Mangan-Kobalt-Zellen. Unsere Batteriezellen kommen allerdings auch nicht von der Stange. Mit unseren Batteriezell-Kompetenzzentren in München und Parsdorf stellen wir sicher, dass wir Produkt und Fertigung voll verstehen. So können wir auf Augenhöhe mit unseren Partnern agieren und sicherstellen, dass wir unseren Kunden immer den neuesten Stand der Technologie anbieten können.
Ja, theoretisch könnten wir das.
Bei einem SoC (System-on-a-Chip, also ein integrierter Schaltkreis, Anm. d. Red.) verhält es sich grundsätzlich ähnlich wie bei der Batteriezelle. Für uns macht es aktuell keinen Sinn, Chips selbst zu entwickeln. Die Innovationsgeschwindigkeit ist hier enorm. Daher trennen wir beim Software Defined Vehicle die Hard- und Software. Die Schnittstellen legen wir dabei so aus, dass wir schnell austauschen und adaptieren können. Entscheidend ist, dass wir genau verstehen, wie das alles funktioniert. Und wir haben eine hervorragende Partnerschaft mit Qualcomm, auf deren SoC wir für das automatisierte Fahren setzen.
Der Begriff "Neue Klasse" hat seinen Ursprung in den 1960er-Jahren. Damals stand die Neue Klasse für eine neue Ära, sowohl wirtschaftlich als auch technologisch. Und genauso ist es heute. Denn die Neue Klasse ist nicht einfach nur eine Plattform mit ein paar Derivaten, sondern ein ganzes Set an neuen Technologien. Nehmen Sie zum Beispiel das neue Bedienkonzept Panoramic iDrive, die Fahrassistenzsysteme, die Batterietechnologie, das Fahrdynamik-Steuergerät Heart of Joy oder die komplett neue zonale Elektronikarchitektur als Grundpfeiler für das Software-definierte Fahrzeug. All das werden wir ins komplette künftige Produktportfolio von BMW ausrollen – unabhängig von der Antriebsart. Wir sprechen hier von 40 neuen oder grundlegend überarbeiteten Modellen in den nächsten zwei Jahren. Dank unserer "Superbrains", der vier Hochleistungsrechner, sind wir künftig in der Lage, noch mehr Technologien noch schneller zu integrieren. Speziell im Bereich der Künstlichen Intelligenz wird noch sehr viel passieren, beispielsweise bei Fahrassistenzsystemen und Sprachbedienung. Wir sind sogar in der Lage, unsere neue Elektronik- und Software-Architektur bei einer Modellpflege zu integrieren. Demnächst zum Beispiel beim neuen 7er.
Nicht ganz. Der neue BMW iX3 und der kommende BMW i3 haben tatsächlich eine neue, eigenständige BEV-only-Architektur. Das Volumen in diesen Segmenten ist so hoch, dass wir hier entsprechende Skaleneffekte erzielen können. Wir nennen das die NCAR, die Neue-Cluster-Architektur. Der nächste BMW X5 dagegen basiert auf der aktuellen Architektur. Diese haben wir allerdings so stark modifiziert, dass wir konsequent alle Antriebe integrieren und auf einer Produktionslinie fertigen können – vom Diesel über Benziner, vollelektrisch oder Plug-in-Hybrid bis hin zum Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb. Viel wichtiger aber als die Diskussion um Plattformen: Die Neue-Klasse-Technologien wie Bordnetz und Elektronik werden dort ebenso zum Einsatz kommen wie unser Bediensystem Panoramic iDrive. Eine Architektur flexibel zu denken, das ist unsere Stärke bei BMW.
Die Karosseriestruktur ist nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist, dass wir alle Technologien anbieten können. Wir denken heute ein Fahrzeug konsequent von den Software-Anforderungen her. Darauf bauen alle zukünftigen Technologien auf. Unabhängig vom Modell und Antrieb ist es wichtig, dass der Kunde ein Fahrzeug bekommt, das updatefähig ist, über alle aktuellen Technik-Features und die jüngste Formensprache verfügt. Und wenn man dabei bereits getätigte Investitionen, beispielsweise bei der Fertigung, weiter ausschöpfen kann, profitieren davon alle Bereiche.
Die Volumina sind nun mal kleiner. Und da wir davon überzeugt sind, dass bis weit in die 2030er-Jahre und vielleicht noch darüber hinaus alle Antriebsvarianten verfügbar sein werden, ist es unserer Ansicht nach sinnvoller, alle Antriebsformen in einer flexiblen Architektur zu integrieren. Kompromisslose E-Fahrzeuge sind auch so realisierbar.
Hier hat sich unser strategischer Weitblick ausgezahlt. Mit unserer Strategie der Technologieoffenheit waren wir immer auf alles vorbereitet und brauchen den Verbrenner daher nicht grundlegend zu überarbeiten. Die Weiterentwicklung eines E-Motors ist gut darstellbar. Aufwendiger ist es bei der Batterie. Hier auf 800 Volt und 400 kW Ladeleistung umzustellen, ist nicht ganz trivial.
Unserer Ansicht nach ist mehr als eine Technologie nötig, um den Verkehr zu dekarbonisieren. Zudem machen wir uns mit Wasserstoff geopolitisch unabhängiger von bestimmten Rohstoffen und Wertschöpfungsketten. Wasserstoff wird in der Industrie eine entscheidende Rolle spielen. Schon deshalb, weil sich damit grüne Energie speichern lässt. Die Infrastruktur wird entsprechend wachsen, und wir wollen dann ein entsprechendes Angebot bereithalten. In Japan, Korea und auch Kalifornien tut sich da gerade viel. Wir werden 2028 den BMW X5 mit Brennstoffzellen-Technologie bringen. Ist diese Technologie in drei, fünf oder sieben Jahren so weit, dass sie sich für mehrere Baureihen lohnt? Das ist noch unklar. War es aber bei der Elektromobilität anfangs auch, zumindest als wir den ersten i3 auf den Markt gebracht haben. Lösungen für die Zukunft gibt’s nur durch Innovationen – und manchmal braucht es dafür eben einen langen Atem.
Im Zweifelsfall sind die Kosten, die durch eine spätere Rohstoffabhängigkeit von Dritten entstehen, höher als zuvor getätigte Investitionen in eine neue Technologie. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Strategie der Technologieoffenheit goldrichtig liegen.
Unser Anspruch ist, Fahrzeugprojekte zu realisieren, die emotional, aber auch profitabel sind. Seinerzeit kam der Z4 genau zum richtigen Zeitpunkt. Jetzt blicken wir nach vorne, eins ist aber in jedem Fall sicher: Wir werden auch in Zukunft hochemotionale Fahrzeuge bauen.
Wir stehen traditionell für Produkte, die ein Höchstmaß an Freude am Fahren bieten. Vielleicht wird es künftig andere großartige Modelle in neuen Segmenten geben, die man heute noch nicht so auf dem Radar hat.
Auch in Zukunft werden wir hier M-Performance- und M-Modelle anbieten. Ein M240i oder gar der M2 bieten Freude am Fahren in Reinkultur. Natürlich haben wir auch kleinere Motorisierungen im Programm, damit jede Kundin und jeder Kunde das passende Fahrzeug für sich findet.
Kostenparität zwischen Verbrenner und Elektro wird es hier so schnell nicht geben. Die Größe der Batterie ist ein kritischer Punkt. Schließlich muss nicht nur der Preis, sondern auch die Produktsubstanz stimmen. Selbstverständlich werden wir auch hier ein Angebot machen, das einem Verbrenner-Kunden den Umstieg auf die Elektromobilität leicht macht. Klar ist aber auch, dass es sich dabei nicht um ein Auto mit einer Reichweite von 800 Kilometern zum Preis eines 116 handeln kann. Das ist weder technisch noch betriebswirtschaftlich möglich. Aber mit unserer Kultmarke Mini bieten wir auch heute schon sehr attraktive vollelektrische Kleinwagen an.
Ich möchte Innovationszyklen beschleunigen, indem wir Künstliche Intelligenz in allen Entwicklungsprozessen nutzen. Und gleichzeitig emotionale Fahrzeuge auf die Straße bringen, die dank intelligenter Software-Funktionen jeden Tag smarter werden.

Kurzvita Dr. Joachim Post
Joachim Post, Jahrgang 1971, schloss 1997 sein Maschinenbaustudium an der Uni Karlsruhe ab, promovierte 2002 an der TU München. Dann Einstieg bei BMW als Funktionsapplikateur bei Motorrad-Antrieben. Bis 2018 war Post unter anderem für die Kooperation mit Toyota verantwortlich, danach für die Fahrzeugstrategie, anschließend für die Produktlinie Mittelklasse. 2022 wurde er Vorstandsmitglied für Einkauf und Lieferantennetzwerk, seit 1. Juni 2025 für Entwicklung.












