Das EU-Parlament hatte Anfang Juni 2022 das Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 beschlossen, der EU-Ministerrat der Umweltminister Ende Juni zugestimmt, nun haben sich auch die EU-Staaten und das Parlament geeinigt.
Das EU-Parlament hatte Anfang Juni 2022 das Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 beschlossen, der EU-Ministerrat der Umweltminister Ende Juni zugestimmt, nun haben sich auch die EU-Staaten und das Parlament geeinigt.
Wie die tschechische Ratspräsidentschaft am Donnerstag (27.10.2022) mitteilte, wurde die Übereinkunft zwischen den Unterhändlern, den einzelnen EU-Staaten und dem Europaparlament sowie der EU-Kommission getroffen. Im Jahr 2026 soll die Entscheidung erneut überprüft werden können. Als Kompromiss wurde die Bitte an die EU-Kommission festgehalten, den Einsatz von E-Fuel für Autos zu überprüfen. Die Einigung beinhaltet auch eine Senkung der CO₂-Emissionen für ab 2030 verkaufte Neuwagen um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 2021.
Die Reaktionen fielen weitgehend positiv aus, wenngleich die Eckpunkte des Verbrenner-Aus bereits Mitte des Jahres feststanden. FDP-Chef Christian Lindner sprach im Hinblick auf die noch offene E-Fuels-Thematik von einer klugen Entscheidung, die Technologieoffenheit sichere. Parteikollege Jan-Christoph Oetjen sieht in der Bitte an die Kommission, den Einsatz von E-Fuels zu prüfen, einen klaren Arbeitsauftrag, um den Weg für den Betrieb des Verbrennungsmotors mit alternativen Kraftstoffen zu ebnen.
Der klimapolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, Tiemo Wölken, lobte laut T-Online den Kompromiss. Er sei gut für das Klima, aber schaffe auch Planungssicherheit für die Autoindustrie. Vom Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss hieß es, jetzt sei klar, dass die Zukunft in der Elektromobilität liege. Es handle sich um eine "Zeitenwende", die den Wohlstand von morgen sichere. "Wer jetzt noch auf den Verbrenner setzt, schadet der Industrie, dem Klima und verstößt gegen europäisches Recht." Kritisch sieht er, den Wunsch der FDP verhältnismäßig teure E-Fuels zuzulassen. "Das mag die FDP als Sieg verkaufen, aber nicht alle können sich diese Porsche-Mentalität leisten."
Und was wurde beschlossen? Die Politiker aus 27 EU-Staaten unterstützten schon bei der Entscheidung Mitte des Jahres mit einer Mehrheit den Vorschlag der Kommission, ab 2035 nur noch Pkw neu zuzulassen, die kein CO₂ ausstoßen. Damit gilt das Aus für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren als ausgemachte Sache. Dazu hatte sich die EU-Regierungen noch auf einen Kompromiss verständigt, der ein vages Versprechen der Kommission vorsieht, Ausnahmen für Fahrzeuge mit E-Fuels zu prüfen.
EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sagte damals nach den Beratungen, die "überwältigende Mehrheit der Autobauer" setze auf Elektroautos. Die EU-Kommission selbst sei aber "technologisch neutral". "Was wir wollen, sind Autos mit null Emissionen." Timmermans zeigte sich skeptisch mit Blick auf das Potenzial von E-Fuels: "Derzeit erscheinen E-Treibstoffe nicht wie eine realistische Lösung. Wenn die Hersteller in der Zukunft aber das Gegenteil beweisen können, werden wir offen sein."
Dieses Thema hatte in der Vergangenheit in Deutschland zu einem offenen Krach zwischen den Koalitionsparteien FDP und Grüne geführt. Obwohl die Bundesregierung bereits im März 2022 Zustimmung zum EU-Beschluss "Fit for 55" signalisiert hatte, grätschte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dazwischen. Er wollte das deutsche "Ja" zum damaligen EU-Beschluss kassieren, plädierte für eine Ergänzung um das zuvor bereits abgelehnte Thema E-Fuels, um Verbrennungsmotoren auch nach 2035 klimaneutral nutzen zu können.
Rund ein Viertel der EU-weiten CO2-Emissionen stammen aus dem Verkehrssektor, zwölf Prozent von Pkw. Nach dem nun angenommenen Plan müssen die jährlichen Emissionen neuer Fahrzeuge ab 2030 um 55 Prozent niedriger sein, als 2021. Für 2035 liegt die Quote sogar bei 100 Prozent im Vergleich zu 2021. Das bedeutet, von diesem Jahr an werden alle neu zugelassenen Autos emissionsfrei sein müssen – das gilt nach den Vorgaben der EU aktuell nur für Elektroautos oder Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betankt werden können. Zuletzt waren von den Flottenverbrauchsvorgaben ab 2030 auch Kleinstserienhersteller (1.000 bis 10.000 Neuzulassungen pro Jahr), die innerhalb und außerhalb der EU ansässig sind, betroffen. Hersteller mit weniger als 1.000 Neuzulassungen pro Jahr hatten weiterhin eine Ausnahmegenehmigung erhalten.
E-Fuels gelten als bilanziell CO₂-neutral, liegen aktuell bei prognostizierten Herstellungskosten bei rund 5 Euro pro Liter. Die Preise für energieintensive E-Fuels und CO2 werden den Verbrenner-Anteil in der EU automatisch herunterregeln. Der hohe Preis liegt vor allem am enormen Energieaufwand. Berechnungen zufolge braucht man zur Erzeugung von einem Liter E-Diesel 27 kWh Energie – aus regenerativen Quellen wohlgemerkt, sonst bringt es ja keine CO₂-Neutralität. Fahren mit E-Fuels braucht also fast siebenmal mehr Energie als elektrische Mobilität. Zur Erzeugung der allein in Deutschland jährlich verbrannten 47 Milliarden Liter Sprit, sind mehr als 1.250 Terawattstunden vonnöten. Der Aufbau entsprechender Kapazitäten würde lange dauern und jede Menge CO₂-Emissionen verursachen, die konsequenterweise in die CO₂-Emissionen der E-Fuels mit eingerechnet werden müssen – wie die bei der Herstellung der Batterien anfallenden. Zum Vergleich: Deutschland verbrauchte zuletzt etwa 565 Terawattsunden jährlich. Wollten wir alle 47 Millionen Pkw in Deutschland elektrisch betreiben, bräuchten wir dafür lediglich etwa 140 Terawattstunden.
Laut Berechnungen von Transport and Environment (T&E) wirkt sich der hohe Stromverbrauch entsprechend negativ auf die CO₂-Bilanz von E-Fuels aus: Für 2030 prognostiziert T & E pro Kilometer 95 Gramm CO₂-Emissionen für einen mit E-Fuel betriebenen Verbrenner und 48 Gramm fürs E-Auto.
Der "Green Deal" von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird gravierende Auswirkungen auf die Auto-Industrie und -Fahrer haben, die Bundesregierung hat im März 2022 praktisch uneingeschränkt zugestimmt, das EU-Parlament stimmte zu, auch der Ministerrat und nun die Einigung auf nationaler Ebene. Damit ist der Verbrennungsmotor angesichts der Zielvorgaben, bis 2035 emissionsfrei unterwegs zu sein, am Ende. In einer Bitte zur Prüfung steht noch das Thema E-Fuels auf der Agenda, ob die EU-Kommission auch Fahrzeuge mit klimafreundlichen Kraftstoffen zugelassen könnte.