Die britische Regierung sendet widersprüchliche Signale an Besitzerinnen und Besitzer von Elektroautos – und solche, die es werden wollen. Einerseits will sie die im vergangenen Sommer eingeführte staatliche E-Auto-Förderung bis 2030 verlängern und mit einem zusätzlichen Budget von insgesamt 1,3 Milliarden Pfund (aktuell umgerechnet etwa 1,48 Milliarden Euro) ausstatten. Hinzu kommen weitere 200 Millionen Pfund (228 Millionen Euro) für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Andererseits plant das Finanzministerium eine Sondersteuer, welche die Fahrerinnen und Fahrer von komplett oder teilweise elektrisch angetriebenen Fahrzeugen pro zurückgelegter Wegstrecke zur Kasse bittet.
3 Cent für jeden gefahrenen Kilometer
Die neue "Electric Vehicle Excise Duty" (eVED) soll einem aktuellen Haushaltsentwurf zufolge im April 2028 eingeführt werden. Sie sieht vor, dass Fahrerinnen und Fahrer eines reinen Elektroautos ab diesem Zeitpunkt drei Pence (3,4 Euro-Cent) pro zurückgelegter Meile als Straßennutzungsgebühr zahlen. Wer pro Jahr also 10.000 Meilen (knapp 16.100 Kilometer) mit einem Stromer zurücklegt, zahlt für diesen Zeitraum eine Sondersteuer von 300 Pfund respektive 342 Euro. Die Nutzerinnen und Nutzer eines Plug-in-Hybriden zahlen die Hälfte.
Aus Sicht der britischen Regierung kommen die E-Auto-Fahrerinnen und -Fahrer mit der neuen Regelung dennoch gut weg, denn sie entspreche in etwa "der Hälfte der Kraftstoffsteuer, die Fahrer von Benzinfahrzeugen zahlen". Gleichzeitig sollen die Nutzerinnen und Nutzer von Verbrennern finanziell entlastet werden, indem die Senkung der Kraftstoffsteuer um 5 Pence bis September 2026 verlängert wird. Auch sie soll in der Folge in Abhängigkeit von der Inflationsrate zwar wieder steigen. Trotzdem sollen die dadurch und wegen des immer höheren Anteils von Stromern im britischen Fahrzeugbestand wegbröckelnden Einnahmen bei der Kraftstoffsteuer ausgeglichen werden – hauptsächlich durch die neue eVED.
Jährliche Überprüfung der Fahrleistung
Wie weit mit einem Elektroauto tatsächlich gefahren wird, soll dem britischen Finanzministerium zufolge jährlich überprüft werden. Dies könnte bei der Hauptuntersuchung erledigt werden oder bei neueren Fahrzeugen zum ersten und zweiten Jahrestag der Erstzulassung. Abgerechnet wird die eVED dann gemeinsam mit der regulären Kfz-Steuer, die seit diesem Jahr in Großbritannien erstmals ebenso für Elektrofahrzeuge gilt.
Derzeit berät die Regierung allerdings noch darüber, ob das System auf diese Art durchführbar ist. Denn nach aktuellem Plan soll der im Auto verbaute Meilenzähler als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Und nicht nur Gebrauchtwagenexperten wissen, dass sich dieser leicht manipulieren lässt. Diese Gefahr sieht sogar die britische Regierung, weshalb sie derzeit nach Möglichkeiten sucht, entsprechende Betrügereien zu verhindern. Hinzu kommt, dass auf diese Art auch Meilen in die Berechnung kommen, die im Ausland gesammelt werden, beispielsweise auf einer Urlaubsreise. Dies ist aber offiziell einkalkuliert. Dagegen sind im Ausland zugelassene Elektrofahrzeuge, die in Großbritannien gefahren werden, von der Gebühr befreit.
2030 kommt Verkaufsverbot für reine Verbrenner
Allerdings sind die Steuersätze nicht in Stein gemeißelt und steigen jedes Jahr in Abhängigkeit von der Inflation. Im ersten Fiskaljahr, nach dem die Regelung in Kraft getreten ist (voraussichtlich 2028/29), soll die eVED-Steuer insgesamt etwa 1,1 Milliarden Pfund (1,25 Milliarden Euro) in die Staatskasse spülen. Zwei Jahre später sollen es bereits 1,9 Milliarden Pfund (2,16 Milliarden Euro) sein.
Dies hängt natürlich davon ab, wie viele Elektroautos im Vereinigten Königreich künftig zugelassen werden und welche Wegstrecken diese zurücklegen. Insofern seien die konkreten Einnahmen "unsicher", wie die Regierung zugibt. Ihr ist außerdem bewusst, dass die neue Abgabe "wahrscheinlich" die Nachfrage nach Elektroautos verringern werde, "da sie deren Lebenszykluskosten erhöht".
Verantwortung auf Autobauer abgewälzt
Das wirkt recht zynisch, da Großbritannien ein Verkaufsverbot für neue Benziner und Diesel bereits ab 2030 plant; der aktuelle Premierminister Keir Starmer hatte dieses Vorhaben bereits bekräftigt. Folgerichtig wälzt die Regierung die Verantwortung auf die Autobauer ab. "Um die Vorgaben zu erfüllen, müssten die Hersteller daher mit Preissenkungen oder einer Reduzierung des Verkaufs von Nicht-Elektrofahrzeugen reagieren", heißt es laut BBC im Gesetzentwurf für die eVED.












