Zukunft der Mobilität 2025: Wandel, Innovation, Nachhaltigkeit

Kongress: Nachhaltigkeit und Klima
Warum die Autoindustrie handeln muss

ArtikeldatumVeröffentlicht am 08.11.2025
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Wie gelingt die Wende zu einer klimafreundlichen Mobilität? Zunächst mit der eigenen Einstellung dazu, wie der begeisternde Vortrag von Diplom-Meteorologe Sven Plöger klarmachte. Er beleuchtete den Zusammenhang zwischen Extremwetter-Phänomenen wie Dürre, Hitze und Überflutungen und unseren Emissionen in anschaulichen Geschichten. Plöger forderte ein Umdenken in der Autoindustrie, die eine riesige ökologische und ökonomische Stellschraube zugleich sei. "Wir haben kein Wissensproblem, sondern ein Handlungsproblem." Schwarz-Weiß-Malerei helfe dabei niemandem. Wer den Begriff "Technologie-Offenheit" verwende, müsse Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des eigenen Handelns stellen. Wer dagegen Rückwärtsgewandtheit oder schlichtes Aufweichen der Klimaziele dahinter zu verbergen versuche, schade am Ende der nachfolgenden Generation und unserem Wirtschaftsstandort.

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Hans-Dieter Seufert

Förderung muss sein

Ein Teil dieser Stellschraube ist die Elektromobilität. HUK-Vorstand Jörg Rheinländer betonte, dass die privaten Pkw-Käufe hierbei entscheidend für den Erfolg seien: "Die Musik spielt im privaten Bereich, und da muss es reingehen." Während gewerbliche Neuzulassungen dominierten, liege der Anteil der Privatkunden, die auf E-Fahrzeuge umsteigen, bei nur rund 5,5 Prozent.

Hoffnung setzt Rheinländer auf geplante Förderprogramme, insbesondere für Gebrauchtwagen, und auf Autos bis 28.000 Euro. Entscheidend sei, E-Mobilität "anfassbar zu machen", etwa durch Probefahrten und Aufklärung über reale Fahrbedürfnisse. Versicherungsdaten zeigten: E-Autos verursachten in der Haftpflicht weniger, in der Vollkasko jedoch teurere Schäden, vor allem wegen der komplexen Technik. Insgesamt sei die Elektromobilität auf einem guten Weg, wenn sie gezielt gefördert und erlebbar gemacht werde, sagte der HUK-Vorstand.

Wie der Weg zu Zero Emission bei Mercedes-Benz aussieht, beschrieb Ulf Zillig in seinem Vortrag. Der promovierte Maschinenbauer ist Vice President der Konzernforschung und sieht die Bereiche Nachhaltigkeit, Innovation und Digitalisierung als zentrale Aufgabenfelder. Alle drei Themen seien eng miteinander verknüpft: "Nachhaltigkeit gibt die Ziele vor, die das Unternehmen erreichen will; Innovation entwickelt die Technologien dafür, und Digitalisierung hilft uns, schneller und effizienter zu arbeiten." Das Ziel bei Mercedes: bilanzielle CO₂‑Neutralität der Neufahrzeugflotte über den ganzen Lebenszyklus bis 2039. Um es zu erreichen, müsse man das Auto quasi neu erfinden. Aktuell sei der CO₂‑Fußabdruck beim Mercedes GLC bereits um 66 Prozent kleiner als zuvor.

Lynk & Co: Zwischen Flexibilität und Zero Emission

David Green, Vice President of Strategy, Products & Offer at Lynk & Co International betonte, dass die Autoindustrie unter dem Druck stehe, zu schnell auf reine Elektromobilität setzen zu müssen: "Wenn wir die Freiheit hätten, das Ziel Zero Emission auf unsere Weise zu erreichen, würden wir vielleicht einen anderen Weg gehen." Plug-in-Hybride wie der Lynk & Co 08 könnten unter bestimmten Bedingungen sogar CO₂-freundlicher sein als reine E-Autos. Viele Kunden seien zudem noch nicht bereit für 100 Prozent Elektro. Lynk & Co wolle mit flexiblen Modellen wie Sharing und Abos neue Wege erproben. Green plädierte außerdem für mehr Datenaustausch zwischen den Herstellern, um Innovationen zu beschleunigen, und sieht in KI-Assistenten großes Potenzial, sobald sie wirklich intuitiv funktionieren.

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Über Nachhaltigkeit im Motorsport und die Zukunft alternativer Antriebe sprach Smudo, Musiker und Rennfahrer. Sein Team setzt bei Langstreckenrennen auf Biokraftstoff und Fahrzeugteile aus Naturfasern: "Wir verstehen unser Rennauto als Kommunikations- und Technologie-Plattform für nachhaltige Komponenten im Motorsport", erklärte er. Trotz anfänglicher Skepsis in der Szene sieht Smudo Fortschritte und wachsende Offenheit gegenüber grünen Innovationen. Motorsport müsse sich als Labor für umweltfreundliche Technologien begreifen – ähnlich wie früher bei Sicherheitsstandards. Smudo betonte die Notwendigkeit, Wissenschaft und Forschung stärker einzubeziehen: Nur so könne der Motorsport seine Relevanz in einer klimabewussten Zukunft behalten.

TotalEnergies und die neue Rolle der Energieversorger

TotalEnergies-Kommunikations-Chef Burkhard Reuss referierte über die Rolle seines Unternehmens in der Transformation der Mobilität. Er betonte, dass TotalEnergies längst kein reines Öl- und Gasunternehmen mehr sei: "Wir sind heute auch ein Produzent von Strom aus Wind und Sonne." Er forderte mehr Flexibilität in der Klimapolitik und lobte pragmatische Lösungen wie Plug-in-Hybride als sinnvolle Übergangstechnologie.

Auch im Motorsport setze man zunehmend auf nachhaltige Ansätze – etwa mit Bio-Rennkraftstoffen aus Reststoffen der Weinproduktion. Reuss sieht 2035 batterieelektrische Fahrzeuge als Standard, während der Verbrenner über Effizienzsteigerungen und synthetische Kraftstoffe "möglichst emissionsarm weiterentwickelt" werden müsse. Sein Fazit: Nur glaubhaftes Handeln auf allen Ebenen mache Nachhaltigkeit wirklich wirksam.

International Paul Pietsch Award

Der renommierte International Paul Pietsch Award geht in diesem Jahr an den Automobilhersteller Porsche. Der nach dem Verleger und Mitbegründer der Marke auto motor und sport benannte Preis wurde wieder von den Verlagsgesellschaftern Dr. Patricia Scholten und Peter-Paul Pietsch verliehen. "Viele Innovationen, die im Rahmen des Paul Pietsch Award honoriert wurden, sind heute noch Teil der Automobilindustrie", stellte Dr. Patricia Scholten bei der Preisverleihung heraus.

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Ausgezeichnet wurde Porsche für das T-Hybrid-System, mit dem das legendäre und von Auto-Enthusiasten geliebte Sportwagenmodell 911 eine deutlich gesteigerte Effizienz erzielt, ohne seinen Charakter zu kompromittieren. Das T-Hybrid-System unterstützt den neuen 3,6-Liter-Verbrenner dreifach: Im Antriebsstrang arbeitet eine E-Maschine mit; der Turbolader, der die Leistung des Sechszylinder-Boxers auf 485 PS steigert, wird zusätzlich elektrisch angetrieben und baut dadurch den Ladedruck viel schneller auf. Die dritte Komponente ist eine Batterie mit einem hohen Leistung-zu-Energie-Verhältnis, die besonders schnell boosten und rekuperieren kann.

"Mit dem T-Hybrid im 911 setzen wir einen neuen Maßstab: Wir schaffen mit innovativer Hybridtechnologie einen Performance-Gewinn und sichern damit die Zukunftsfähigkeit unserer Ikone", sagt Dr. Michael Steiner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstands Forschung und Entwicklung bei Porsche. "Der T-Hybrid zeigt, wie wir Motorsport-Know-how in die Serie übertragen – leicht, effizient und faszinierend sportlich."

Safety & Environment Award

Fahrradhelme sind lebenswichtig – aber auch sperrig, wenn man sie gerade nicht benötigt. Die beiden Gründer des Start-ups Inflabi, Jonas Engelhardt und Maximilian Klyk, haben deshalb einen aufblasbaren Helm entwickelt, der den gleichen Schutz bietet wie ein herkömmlicher Helm und nach Gebrauch zusammengefaltet in eine Gürteltasche passt. Für dieses innovative Produkt, das im kommenden Frühjahr auf den Markt kommt, wurde Inflabi mit dem Safety & Environment Award 2025 geehrt, den auto motor und sport gemeinsam mit der HUK-Coburg ausschreibt.

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Der mit 10.000 Euro dotierte Preis honoriert Innovationen, die Mobilität sicherer und nachhaltiger machen, und das über die ganze Bandbreite der Verkehrsmittel", sagt ams-Chefredakteurin Birgit Priemer. "Der Helm ‚to go‘ ist eine kreative Innovation und kann zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr beitragen. Mit unserem Award möchten wir solche Ideen auszeichnen und fördern", ergänzt Dr. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-Coburg.