Bei diesen drei Gebrauchtwagen ist der Kilometerstand egal

Kilometerstand? Egal!
Bei diesen Gebrauchten ist die Laufleistung egal

ArtikeldatumVeröffentlicht am 28.10.2025
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Was fährt eigentlich ein erfahrener Kfz-Mechatroniker, womöglich sogar ein Meister, privat? Fragen Sie doch mal nach! Fast immer bekommen Sie eine Antwort, die mit "der hält ewig" endet. Natürlich kommt des Rätsels Lösung immer auf den Einzelfall an. Dennoch gibt es eine weitere Überschneidungsmenge, die auf 90 Prozent aller Schrauber-Privatautos zutrifft: Bei all der Arbeit in der Werkstatt bekommt das eigene Alltagsauto meistens nur wenig Liebe ab – es muss also zäh und haltbar sein. Heute schauen wir uns drei solche Kandidaten an. Es geht um Autos, die nicht nach Kofferraumvolumen, drolligen Farben oder dem neuesten Infotainment-Feature gekauft werden, sondern schlicht aufgrund ihrer mechanischen Qualität. Reizvolle Leasingangebote oder einkalkulierten Wertverlust gibt es hier ebenso wenig; diese Zeiten haben sie längst hinter sich.

Schließlich hat Haltbarkeit ihre Gründe. Günstig fährt nicht der, der alle drei bis fünf Jahre ein neues und kurzlebiges Modeauto kauft, sondern der, der auch nach vielen Jahren und hunderttausenden Kilometern keinen Grund hat, sein Fahrzeug zu wechseln. Dass man in all der Zeit ein gewisses Fahrniveau genießen möchte, ist natürlich Ehrensache.

BMW 5er (Baureihe F10, 2010–2017)

Unsere erste Profi-Auto-Empfehlung ist der BMW 5er der vorletzten Generation. Für ihn sprechen gleich mehrere Argumente. Das Augenscheinlichste liegt im rapiden Wertverlust von einst teuren deutschen Nobelkarossen. Nachdem die ersten 100.000 Kilometer in aller Regel im Firmenbetrieb von gehobenen Angestellten abgespult wurden, handelt es sich bei der zweiten Hand oftmals auch noch um solventere Privatkäufer. Doch spätestens danach beginnt es, an Pflege und Image zu bröckeln. Was einst zu den begehrtesten, teuersten (und im Hinblick auf unsere ams-Tests) auch besten Neufahrzeugen gehörte, verliert erschreckend schnell an Glanz und Gloria, nur weil von oben immer neue Generationen nachrücken, damit die Dienstwagenflotten auf neuestem Stand bleiben.

BMW 520d TOURING, Seitenansicht
Achim Hartmann

Folglich gibt es auf sämtlichen Verkaufsbörsen eine große Auswahl an meist üppig ausgestatteten Business-BMWs, die weniger kosten als ein neuer Kleinwagen. Wer dem heutzutage mit der Einstellung "neu ist immer besser" gegenübersteht, irrt gewaltig. Bis auf einen jungfräulichen Zustand hat kein Neuwagen in diesem Preisbereich eine Chance gegen den F10-5er. Früher kam meist noch der Einwand, dass das Infotainment ja so große Fortschritte macht. In puncto Bedienbarkeit waren das zuletzt doch meist eher Rückschritte, und wer sein Smartphone gern auch im alten Auto spiegeln möchte, wird mit Nachrüstlösungen für wenige 100 Euro glücklich.

Wichtig fürs ewige Leben ist ein Dieselmotor ab Mitte 2013. Auch die Benziner gelten zwar seitdem als haltbar, doch gerade die Diesel bleiben auffallend problemlos im hohen Alter. Weil viele 5er-Freunde so denken und mit einem entsprechenden Exemplar unterwegs sind, gibt es praktisch keine unbekannten Problemfälle mehr, die nicht die allermeisten Werkstätten aus dem Effeff beherrschen. Speziell die Dreiliter-Sechszylinder (530 d und aufwärts, bis 2011 auch 525 d) sind bis heute zudem ein Gedicht in Sachen Laufkultur, Klang und Kraftentfaltung.

BMW 520d Touring, Cockpit
Hans-Dieter Seufert

Wie jeder moderne Diesel-Pkw ist auch der 5er nicht vor Problemen mit der Abgasreinigungsanlage gefeit. Die kommen jedoch erfreulich selten vor, wenn der Wagen auf Langstrecke bewegt wird, und lassen sich zudem meist ebenso kostengünstig beheben wie der Austausch von Verschleißteilen. Apropos: Auch für Fahrwerk und Bremsanlage gibt es hochwertige Ersatzteile zu niedrigen Preisen. Viele Laien sind verblüfft, wie günstig z.B. ein Satz Bremsscheiben für ein älteres deutsches Premiumfahrzeug ist, verglichen mit simpleren Modellen manch einer Importmarke.

Mercedes C-Klasse (Baureihe 204, 2007–2014)

Zugegeben: Bezüglich der Haltbarkeit ist der Unterschied von dieser C-Klasse zur gleichaltrigen E-Klasse (W212) praktisch nicht vorhanden – das gilt im Grunde genauso für den gerade erwähnten 5er und den entsprechenden 3er (F10). Der Hintergrund liegt schlicht im weitenteils identischen Motorenbaukasten von Mittel- und Oberklasse und ließe sich ebenso auf Audi A4 und A6 übertragen. Exemplarisch wählen wir jedoch die C-Klasse, weil hier mit steigendem Alter die verblüffendsten Schnäppchen zu finden sind. Schon um 5.000 Euro lassen sich gepflegte Autos mit hohen Laufleistungen finden.

Mercedes C 180, Seitenansicht
Hans-Dieter Seufert

Fast alle davon haben eines gemeinsam: Unter der Motorhaube verrichtet der 2,1-Liter-Diesel des Typs OM651 seinen Dienst. Den Vierzylinder baute Mercedes zwischen 2008 und 2018 in fast alle Modelle ein. Selbst Kolosse wie die S-Klasse oder der ML waren mit ihm erhältlich, auch wenn sich die größte Stückzahl wohl in klassischen Limousinen und vor allem den Transportern Vito und Sprinter wiederfinden dürfte. Letztere bekommen als verschlissenes Werkzeug im Alter nicht viel Aufmerksamkeit. Dabei ist es nicht selten, auf Exemplare mit siebenstelliger Laufleistung zu treffen.

Ja, siebenstellig – eine Million Kilometer und mehr. Trotz ganz anfänglicher Probleme mit den von Delphi zugelieferten Kraftstoff-Injektoren (betroffene Modelle wurden seinerzeit rasch zurückgerufen und umgerüstet) sind kaum ernsthafte oder gar chronische Schwachstellen an diesem Motor bekannt. Der leistete je nach Ausbaustufe von unter 100 PS (in Transporter-Modellen) bis 204 PS im 250 CDI, der in verschiedensten Baureihen (sogar im SLK) verwendet wurde. In 220 und 250 CDI werden statt einem zwei Turbolader verwendet. Die sind zwar nicht unbedingt für Probleme bekannt, verteuern aber im Falle eines Falles eine eventuelle Reparatur.

Mercedes C 200 CDI, Cockpit
Achim Hartmann

Drumherum zeigt sich die kantige C-Klasse ebenso solide. Die Automatikgetriebe (Schalter sind etwas seltener) freuen sich alle 60.000 bis 100.000 Kilometer über eine Spülung und die Fahrwerkskomponenten besitzen einen gewissen markentypischen Verschleiß. Neuralgisch ist "nur" der Hinterachsträger. An dem brezelförmigen Stahlkonstrukt haftet eine dicke, formstabile Pulverbeschichtung. In mehreren Mercedes-Baureihen gab es das Problem, dass zwischen Stahl und Beschichtung Feuchtigkeit eindrang und ersteren teils heftigst durch Rost schwächte, ohne dass dies von außen zu sehen war. Wenn dann der HU-Prüfer den Schraubendreher zum Stochern ansetzt, kommt es zu bösen Überraschungen. Eine derartige Schmach behandelt Mercedes jedoch bis heute kulant. Zum Teil werden betroffene Achsträger auch ungeachtet des Fahrzeugalters kostenlos ausgetauscht.

Insgesamt zählt, wie in jedem Fall, der Pflegezustand. Ein nachweislich gepflegtes Langstreckenauto mit über 300.000 Kilometern auf dem Tacho ist aus Expertensicht oft der bessere Kauf als ein zwielichtiges Exemplar mit halber Fahrleistung. Bedenken Sie auch, dass bei solchen Laufleistungen viele Verschleißteile bereits ersetzt wurden, die bei "frischeren" Autos noch original sind.

Ssangyong Rexton (Baureihe Y400, seit 2017)

Als Dritten im Bunde nennen wir den Ssangyong Rexton. Seit 2022 heißt er übrigens KGM Rexton , was für KG-Motors, benannt nach dem neuen Eigner des koreanischen Herstellers, steht. Zugegeben, wo BMW und Mercedes hier als absolute Mainstream-Modelle stehen, wirkt er reichlich exotisch, doch das hat seinen Grund. Mit 3,5 Tonnen Anhängelast und Leiterrahmen ist er kein Mode-SUV, was aus müßigen Gründen gekauft wird, sondern ein waschechtes Arbeitstier, das schon als Neuwagen fast ausschließlich von Menschen angeschafft wird, die einen entsprechenden Arbeitseinsatz im Sinn haben.

6/2021, SsangYong Rexton Facelift 2021
Bernd Conrad

Letzterer umfasst zumeist das Ziehen schwerer Anhänger, etwa mit Pferden, Booten oder gleich weiterer Autos als Ladung. Dieser Einsatzzweck besteht nicht selten auch bei technisch bewanderten Gebrauchtkäufern, die ansonsten oft zu den Fullsize-SUV der bekannten Premiumhersteller greifen. Die gelten zwar meist auch als recht haltbar, besitzen aber häufig aufwendigere Technik wie Luftfahrwerke oder teils schlecht zugängliche V6-Motoren. Im Rexton arbeitet praktisch immer ein Vierzylinder-Diesel mit 2,2 Litern Hubraum und einem kaltblütigen Drehmoment von mindestens 400 Newtonmetern. Das sehr weit verbreitete Automatikgetriebe entspricht als Lizenzfertigung der 7G-Tronic von Mercedes-Benz, eines der robustesten Getriebe überhaupt.

Klingt wie ein gutes Rezept, oder? Extrarobuste Technik, die ein Leben lang hält, gepaart mit einer rustikalen Offroader-Aufmachung. Wobei: So rustikal wirkt der Rexton in Natura gar nicht. Nachdem die ebenfalls sehr zuverlässigen Vorgänger gerade im Interieur noch eher simpel gestrickt waren, macht der Rexton richtig was her, glänzt mit wertigen Materialien und hübscher Verarbeitung. Außerdem ist bei Ssangyong/KGM schon seit Langem ein hohes Grundausstattungsniveau selbstverständlich, sodass viele Rexton mit Ledersitzen und allerlei Luxus daherkommen.

6/2021, SsangYong Rexton Facelift 2021
Bernd Conrad

So bleibt als Wermutstropfen allein, dass durch sein noch relativ junges Baujahr die echten Kilometerkönige noch seltener sind als bei den Vielfahrerautos von BMW und Mercedes. Die günstigsten Exemplare beginnen bei rund 10.000 Euro. Dass das dennoch bemerkenswert günstig ist, belegen die in der Regel mehr als doppelt so hohen Durchschnittspreise von vergleichbar zugkräftigen Mainstream-SUVs.