Mercedes AMG Concept GT XX mit Megawatt-Laden: Schneller laden als tanken

Mercedes AMG Concept GT XX mit Megawatt-Laden
Über 100 Kilometer pro Minute

ArtikeldatumVeröffentlicht am 10.09.2025
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09/2025 Mercedes AMG Concept GT XX Megawatt-Laden
Foto: Mercedes AMG

Die Elektromobilität steht möglicherweise vor einer nächsten Ausbaustufe: Ladevorgänge mit Leistungen von über einem Megawatt. Diese enorme Ladeleistung, ursprünglich in erster Linie für das Aufladen von elektrisch angetriebenen Lkw entwickelt, hat Mercedes jetzt beim Rekordauto AMG Concept GT XX eingesetzt. Über die Ergebnisse informieren die Stuttgarter mit einigen spektakulären Werten, nach denen das Aufladen des Akkus kaum länger dauert als das Tanken eines Benziners an einer Zapfsäule.

Was bedeutet Megawatt-Laden?

Unter Megawatt-Laden versteht man Ladeleistungen im Bereich von 1.000 Kilowatt (kW) und darüber. Während heutige Pkw-Schnellladesäulen meist zwischen 150 und 350 kW bereitstellen, bewegen sich erste Lkw-Ladesysteme mit dem sogenannten Megawatt Charging System (MCS) im Bereich von bis zu 3.750 kW. Für Pkw war diese Größenordnung bislang nicht vorgesehen. Das Prinzip: Hohe Ströme bei Spannungen von über 800 Volt ermöglichen es, große Energiemengen in kürzester Zeit in die Fahrzeugbatterie zu übertragen. Technisch erfordert das eine leistungsfähige Kühlung von Batterie. Ladekabel und Ladestation, widerstandsfähige Kabel und ein Batteriedesign, das kurzfristig enorme Ladeleistungen aufnehmen kann, ohne Schaden zu nehmen.

Test mit Prototypen-Ladesäule

Der AMG Concept GT XX überschritt an einer eigens entwickelten Prototypen-Ladesäule die Marke von 1.000 kW Ladeleistung. Der Wert von 1.041 kW wurde fast unmittelbar nach Beginn des Ladevorgangs erreicht – nach rund einer halben Sekunde. Über zweieinhalb Minuten konnte die Ladeleistung konstant bei etwa einem Megawatt gehalten werden. Möglich wurde dies durch ein flüssiggekühltes CCS-Ladekabel, über das Ströme von mehr als 1.100 Ampere flossen. In einer Minute wurden auf diese Weise 17,3 Kilowattstunden übertragen, rechnerisch ausreichend für rund 125 Kilometer Reichweite nach WLTP.

Die Besonderheit: Normalerweise erfordern Megawatt-Ladeleistungen groß dimensionierte Kabel, die im Pkw-Bereich unpraktikabel wären; sie sind sehr schwer und unhandlich. In diesem Fall wurde ein ursprünglich für Lkw gedachtes MCS-System so angepasst, dass es mit einem vergleichsweise schlanken CCS-Kabel funktioniert. Damit konnte gezeigt werden, dass sich auch Pkw-Infrastruktur in diese Leistungsregionen bewegen lässt, ohne dass die Bedienbarkeit leidet.

Batterie mit Direktkühlung

Wesentlichen Anteil an den erzielten Werten hat die speziell entwickelte Hochleistungsbatterie des AMG Concept GT XX. Sie basiert auf zylindrischen NCMA-Zellen in einem Aluminiumgehäuse, das die Wärmeleitfähigkeit verbessert. Die Energiedichte liegt bei über 300 Wh/kg. Eine Besonderheit ist die Direktkühlung: Jede einzelne Zelle wird von einem elektrisch nicht leitenden Öl umspült. Diese Art der Kühlung erlaubt eine gleichmäßige Temperaturverteilung und verhindert lokale Überhitzungen. Das System ist auf hohe Dauerlasten ausgelegt und sorgt dafür, dass die Batterie auch bei sehr hohen Ladeleistungen stabil bleibt.

Die hohe Systemspannung von über 800 Volt trägt dazu bei, Ströme zu reduzieren und die Kabelquerschnitte klein zu halten. Zusammen mit einem präzisen Wärmemanagement können die Zellen so in einem optimalen Temperaturfenster betrieben werden, was die Ladezeiten verkürzt und die Belastung reduziert.

Perspektive für Ladeparks

Die Ergebnisse zeigen, dass Megawatt-Laden auch im Pkw-Bereich technisch möglich ist – wenn Fahrzeug und Ladeinfrastruktur gezielt aufeinander abgestimmt werden. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem Ladesäulenhersteller Alpitronic umgesetzt. Ziel ist es, die gewonnenen Erkenntnisse in die Entwicklung neuer Schnelllader einzubringen. Ab 2026 sollen entsprechende Systeme an Ladeparks von Mercedes-Benz in Europa und Nordamerika installiert werden. Ob sich Ladeleistungen in der Größenordnung von einem Megawatt im Alltag durchsetzen, bleibt abzuwarten. Für Langstreckenfahrzeuge mit groß dimensionierten Batterien könnte es ein relevanter Entwicklungsschritt sein, während für den Massenmarkt wahrscheinlich auch weiterhin Ladeleistungen im Bereich von 300 bis 500 kW ausreichen.

Fazit