Volvo bereitet sich auf die Zeit des autonomen Fahrens vor – mit einem frei verschiebbaren Lenkrad und einer Sensor-Pedalerie.
Volvo bereitet sich auf die Zeit des autonomen Fahrens vor – mit einem frei verschiebbaren Lenkrad und einer Sensor-Pedalerie.
Lenkräder, die auf Wunsch im Armaturenbrett verschwinden, haben bereits einige Autohersteller vorgestellt – damit soll es in der ersten Reihe mehr Platz geben, wenn das Fahrzeug vollautonom unterwegs ist. Aktuell sieht es zwar so aus, als wenn vollautonomes Fahren noch nicht mal in zehn Jahren möglich ist, aber trotzdem arbeiten die Ingenieure weiter an der dafür nötigen oder sinnvollen Technik. Volvo hat jetzt ein Lenkrad zum Patent angemeldet, dass sich zwar nicht versenken, aber dafür von rechts nach links auf der Armaturentafel verschieben und damit frei positionieren lässt. Außerdem enthält die am 20. September beim United States Patent and Trademark Office eingereichte Patentschrift weitere spannende Technik-Tricks.
Ein von rechts nach links verschiebbares Lenkrad ist an sich nichts Neues: Mercedes bietet seit Jahren für den Unimog optional die Wechsellenkung VarioPilot an. Bei diesem aufwendigen mechanischen System lässt sich die Lenkung, gemeinsam mit der Pedalerie, rechts oder links platzieren. Das neue System von Volvo ist einfacher und variabler: Die Lenkung arbeitet mit Steer-by-wire-Technik – es gibt also keine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern. Stattdessen sitzt im Lenkrad ein Sensor, der die Lenkwinkeldaten per Kabel an einen elektromechanischen Aktuator übermittelt. Dieser Aktuator setzt dann wiederum den Lenkbefehl um.
Dank der elektronischen Lenksignal-Übermittlung per Kabel lässt sich das Lenkrad an einer beliebigen Stelle des Armaturenbretts positionieren. Volvo gibt an, dass damit beim autonomen Fahren der Fahrer jederzeit das Lenkrad übernehmen können soll – egal, wo er gerade vorn im Auto sitzt. Auch eine mittige Sitzposition ist möglich, wie Volvo ausdrücklich auf einer seiner Patentskizzen zeigt. Dafür lässt sich nicht nur das Lenkrad in eine mittige Position verschieben, sondern, dank Querschienen, auch einer der Vordersitze. Auf eine optional angebotene durchgehende Sitzbank gibt die Patentschrift keine Hinweise.
Für die Instrumente bietet Volvo zwei Lösungen an: Einen fest auf der Lenksäule montierten Bildschirm, der beim Verschieben mitwandert (so auch die Lösung bei der Unimog-Wechsellenkung) oder einen riesigen Bildschirm, der sich ähnlich wie beim Byton M-Byte von rechts nach links über das komplette Armaturenbrett erstreckt. Die Weiterleitung der Schaltbefehle erfolgt wiederum per Kabel (Shift-by-Wire), was den auf einer Querschiene positionierten Gangwahlhebel ebenfalls frei verschiebbar macht. Als Alternativlösung ist ein Gangwahlhebel direkt am Lenkrad vorgesehen, der beim Lenkrad-Positionswechsel mitwandert (auch hier ist die Unimog-VarioPilot das Vorbild).
Auch für die Pedalerie hat sich Volvo eine interessante Lösung ausgedacht: Anstelle einer komplizierten Pedal-Mechanik, sollen im Fußraum von rechts nach links druckempfindliche Sensoren verteilt sein, die als Pedalersatz dienen. Je nach Lenkradposition sind dann die passenden Sensoren aktiviert.
Volvo hofft, dass die Technik auch die Auto-Produktion verbilligt, da keine speziellen Rechts- oder Linkslenker-Modelle mehr von den Bändern laufen müssen. Allerdings gilt die Produktion von beiden Lenker-Varianten auf einer Linie bei den meisten Herstellern inzwischen als unkritisch und nicht sonderlich teuer.
Da die Technik laut Volvo ausdrücklich für autonomes Fahren geeignet ist, könnte es aus heutiger Sicht noch viele Jahre dauern, bis sie auf den Markt kommt.
Während andere Hersteller über eine möglichst clevere Möglichkeit nachdenken, das Lenkrad während des autonomen Fahrens elegant im Armaturenbrett verschwinden zu lassen, bietet Volvo mit seinem verschiebbaren Lenkrad einen neuen interessanten Ansatz. Das gesamte System mit seitlich verschiebbaren Sitzen, ebenso verschiebbarem Gangwahlhebel und im Fußraum verteilter Sensor-Pedalerie wirkt durchdacht und technisch machbar.
Was allerdings aus heutiger Sicht weniger machbar wirkt, ist eine erfolgreiche Umsetzung vollautonomen Fahrens – angesichts enormer technischer Schwierigkeiten ist in dieser Hinsicht ist die Euphorie der vergangenen Jahre verflogen.