Tesla-Chef Elon Musk hat die erste 30 Model Y aus der "Giga Berlin" an ihre Besitzer übergeben. 500 geladene Gäste feierten den "Delivery Day".
Tesla-Chef Elon Musk hat die erste 30 Model Y aus der "Giga Berlin" an ihre Besitzer übergeben. 500 geladene Gäste feierten den "Delivery Day".
22. März 2022, Delivery Day in der Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg: Tesla-Chef Elon Musk persönlich hat die ersten 30 in der "Giga Berlin" produzierten Model Y an ihre neuen Besitzer übergeben. Die haben vorher eine ausführliche Werksführung bekommen, konnten sich für die Übergabe "ihres" Autos einen Musiktitel wünschen und hinterher mit geladenen Gästen die Eröffnung feiern. Zum Start wird in Grünheide übrigens ausschließlich das Topmodell Model Y Performance gebaut.
Die insgesamt vierte Tesla Gigafactory ist gleichzeitig der erste Produktionsstandort des Unternehmens in Europa und seine bisher fortschrittlichste, nachhaltigste und effizienteste Fabrik. Die Gigafactory Berlin ist neben dem Werk im kalifornischen Fremont sowie den Gigafabriken in Reno (Nevada), Buffalo (New York) und Shanghai (China) die fünfte große Tesla Produktionsstätte weltweit. Obwohl Tesla den ursprünglich für Juli 2021 geplanten Produktionsstart nicht halten konnte, wurde die neue Fabrik in Rekordzeit aus dem Boden gestampft. Nach der Ankündigung im November 2019 begann die Bauphase bereits im Frühjahr 2020. Die Gigafactory vereint auf ihrem 300 Hektar großen Gelände mehrere Produktionseinheiten auf einer Gesamtfläche von mehr als 227.000 Quadratmetern.
Bei Vollauslastung werden laut Tesla bis zu 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Autos, Batteriezellen, Batterien, Elektromotoren, Kunststoffteile, Sitze und Achsen herstellen. Aktuell sind 3000 Mitarbeiter in der Fabrik beschäftigt und haben in den letzten Wochen reichlich Vorserien-Model-Y produziert. "Probebetrieb" nannten sie das bei Tesla, weil zum dem Zeitpunkt die finale Betriebserlaubnis noch gar nicht vorlag. Im ersten Halbjahr 2022 sollen 30.000 Fahrzeuge das Werk verlassen. Besonders gespannt schauen nicht nur Tesla-Fans weltweit auf die Qualität der Fahrzeuge, die aus dem deutschen Werk kommen – die Erwartungen sind diesbezüglich hoch. Mit einer voraussichtlichen jährlichen Produktionskapazität von 500.000 Fahrzeugen (ausschließlich Model Y) und einer avisierten Batterieproduktion von bis zu 50 GWh wird die Fabrik laut Tesla die größte Elektroautofabrik Europas sein.
Unklar war bis zum Schluss, ob der regionale Wasserversorger die Gigafactory überhaupt würde beliefern dürfen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hatte am 4. März die Genehmigung der Wasserförderung am Brunnen Eggersdorf aus formellen Gründen verworfen – diese Förderung schließt auch Teslas Gigafactory mit ein. Damit wäre laut des zuständigen Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) die Rechtsgrundlage für die Wasserversorgung entfallen. Das Brandenburger Landesamt für Umwelt (LfU) hat die Rechtsgrundlage mit einer Duldung der Gesamtfördermenge in Höhe von rund 3,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr gerettet. Parallel haben sie bei Tesla auch am Thema Wasser gearbeitet. Auf Basis der Erfahrungen in den Gigafactories Reno und Shanghai will Tesla in Grünheide den Wasserverbrauch pro Auto deutlich unter der Branchenschnitt senken: auf 2,2 Kubikmeter statt den üblichen 3,7 Kubikmetern.
Abgesehen vom großen Produktionsgebäude ist in Grünheide vieles noch Baustelle. Was nicht heißt, dass die Fabrik nicht trotzdem schon ein Hingucker ist. Die großen Beton-Segmente wurden bereits mit spektakulären Graffitis verziert. Alle mehr oder weniger mit einem Bezug zum Science-Fiction-Klassiker Dune "The Spice must flow".
Für Tesla ist Grünheide übrigens nicht der erste Produktionsstandort in Deutschland: Am 3. Januar 2017 übernahmen die Amerikaner den in Prüm (Rheinland-Pfalz) ansässigen Zulieferer Grohmann Engineering. Der in "Tesla Grohmann Automation" umbenannte Maschinenbauer betreibt wiederum weitere Standorte im bayerischen Neutraubling, in Chandler im US-Bundesstaat Arizona und in Shanghai. Das Unternehmen hat das Produktionssystem für den Tesla Model 3 erstellt und baut Montage-Maschinen zur Fertigung von Batteriezellen und -modulen. Mit der Übernahme durch Tesla war der Hersteller gezwungen, seine sämtlichen bestehenden Geschäftsbeziehungen zu mit Tesla konkurrierenden Herstellern wie BMW und Daimler abzubrechen. In Sachen Zulieferer arbeitet Tesla ohnehin schon lange eng mit deutschen Unternehmen zusammen. So kommen wichtige Bauteile von Bosch (Stuttgart), Brose (Coburg), ZF (Friedrichshafen), Continental (Hannover) oder Elektrobit (Erlangen). Selbst Autobauer Daimler liefert Komponenten an seinen Konkurrenten.
Tesla legt in Deutschland los und greift die heimische Autoindustrie auf eigenem Boden an. Nach acht Monaten Verzögerung wegen umweltrechtlicher Genehmigungsverfahren ist die Auto-Produktion jetzt mit voller Betriebsgenehmigung gestartet. Das ist aber erst der Anfang. Denn auch die Genehmigung für die Herstellung von Batterien ist bereits erteilt. Tesla hat sich von der Strahlkraft des nahegelegenen unprovinziellen Berlin mit seinem Startup-Charme anziehen lassen – umgekehrt zieht Tesla jetzt viele Zulieferer und andere innovative Unternehmen vor die Tore der Hauptstadt. Mit der Gigafactory Berlin ist der Knoten für Großprojekte in Brandenburg endlich geplatzt – ein großer Erfolg für das Bundesland.