Klassische Frachtschiffe verbrennen als Kraftstoff Schweröl, das erst unter hohen Temperaturen fließt. Bei der Verbrennung bleiben erhebliche Mengen an Schadstoffen in der Luft zurück, zumal eine effektive Filtertechnik oft durch Abwesenheit glänzt. VW sorgt jetzt mit den beiden neuen Erdgas-Frachtern Siem Confucius und Siem Aristotle in der Frachtschiff-Szene für Aufmerksamkeit. Die Antriebe der modernen Schiffe nutzen flüssiges Erdgas (LNG: liquified natural gas), dessen Verbrennung erheblich weniger Schadstoffe hinterlässt. Im Vergleich zu Schweröl sinken die Emissionen von Kohlendioxid um bis zu 25 Prozent, von Stickoxid um bis zu 30 Prozent, von Rußpartikeln um bis zu 60 Prozent und von Schwefeloxid um 100 Prozent.

12.000-Seemeilen-Rundtour
VW taufte die beiden Erdgas-Schiffe gemeinsam mit der Reederei Siem Car Carriers AS im chinesischen Xiamen bereits am 15. November 2019. Jetzt setzen die Wolfsburger die Frachter auf der sogenannten Amerika-Rundtour ein: Von Emden geht es über mehrere Häfen an der US-Ostküste bis nach Mexiko und dann, in umgekehrter Reihenfolge, zurück nach Emden. Dabei legen die Frachter innerhalb von 45 bis 50 Tagen eine Strecke von 12.000 Seemeilen (22.224 Kilometer) zurück.

12.600-Kilowatt-Motor von MAN
Die Frachter sind normalerweise in einem sogenannten Eco-Speed-Modus unterwegs und dabei 16,5 Knoten (30,6 km/h) schnell. Maximal können sie auf 19 Knoten (35,2 km/h) beschleunigen. Für den Antrieb ist ein 12.600-kW-Motor (17.131 PS) von VWs Tochter MAN Energy Solutions zuständig. Die jeweils zwei Tanks pro Schiff fassen insgesamt 3.600 Kubikmeter verflüssigtes Erdgas – das deckt den Energiebedarf für eine Rundtour, zusätzlich bleiben noch zehn Prozent Reserve, was für mehrere Tage Fahrt ausreichen soll. Die Betankung der Schiffe erfolgt in Emden und im US amerikanischen Jacksonville – VW betont, dass das Erdgas-Betankungsnetz für Schiffe noch sehr dünn ist. Außerdem legen die Wolfsburger Wert darauf, dass sie kein per umstrittenem Fracking gewonnenes Gas nutzen.

VW chartert dauerhaft Frachter
VW hat zwölf große Frachtschiffe dauerhaft gechartert – eine permanente Charterflotte betreiben die Wolfsburger bereits seit den 1960er-Jahren. Laut Volkswagen ist man der einzige Autohersteller, der so eine Flotte von Frachtschiffen dauerhaft chartert. Auf der Amerika-Rundtour sind für VW neun Schiffe unterwegs – zwei davon jetzt mit besagtem Erdgasantrieb. Jedes Schiff fasst auf seinen insgesamt 13 Autodecks (vier sind höhenverstellbar) bis zu 4.700 Fahrzeuge. Die Erdgas-Frachter sind mit einer Länge von 200 Meter genauso lang wie ihre Schwesterschiffe mit Schweröl-Antrieb, allerdings sind sie mit 38 Meter 5,5 Meter breiter – sonst hätten die großen LNG-Tanks nicht in die Schiffe gepasst.

2,8 Millionen Fahrzeuge pro Jahr verschifft
Jährlich verschifft VW 2,8 Millionen Fahrzeuge. Außerdem chartert der Konzern zahlreiche Küsten-Schiffe, die beispielsweise Bau- und Ersatzteile transportieren. Auch bei diesen Küstenschiffen möchte VW umweltfreundlicher werden und strebt eine Umstellung auf Biokraftstoffe an. Das könnte sich aus Umweltsicht lohnen, schließlich wickelt VW jährlich mit mehreren Hundert Linien- und Charter-Schiffen zirka 7.700 Schiffsabfahrten ab. Als wichtigste Quell-Häfen gibt VW für Europa Emden sowie Häfen in Spanien und Portugal an, weltweit kommen noch Mexiko und Südafrika hinzu. Zielmärkte sind Europa (dort vor allen Dingen Großbritannien), die USA, China, Australien und Japan.
Laut VW beneiden andere Transporteure die Wolfsburger um ihre fortschrittlichen Schiffe.
Fazit
Auch wenn die Emissionen von Hochsee-Schiffen vorwiegend weit draußen auf dem Meer stattfinden, so verschmutzen sie natürlich trotzdem die Umwelt ganz enorm. Schließlich kommt gerade bei Frachtschiffen meistens noch billigstes Schweröl als Treibstoff zum Einsatz, um die Transportkosten zu senken. Dieses Öl verbrennt viel umweltschädlicher als Benzin oder für Autos geeigneter Diesel-Kraftstoff. Ölantriebe durch deutlich umweltfreundlichere Erdgasantriebe zu ersetzen ist somit ein starker Beitrag für den Umweltschutz – schließlich sind auf den Weltmeeren permanent tausende Frachter unterwegs.