BYDs Topseller Dolphin kommt noch in diesem Jahr nach Europa. Als kompaktes, vollelektrisches Stadtauto soll er sich gegenüber der Konkurrenz durchsetzen und die Marke bekannter machen. Dabei sieht er einem bestimmten Modell aus Deutschland zum Verwechseln ähnlich.
Tim Hohenschurz
04.05.2023
In China hat sich der Absatz der Elektroautos im vergangenen Jahr verdoppelt. Der Anteil der deutschen Hersteller an allen in China verkauften Elektroautos lag bei 3,5 %. BYD alleine verzeichnete einen Anteil von knapp 16 %. Einer der Topseller der Marke ist der Dolphin. Das kompakte Stadtauto lag 2022 auf Platz drei unter allen verkauften E-Autos in China.
Topseller aus China kommt nach Europa
Der BYD Dolphin kommt nach Europa und damit nach Deutschland. Sein Design wirkt, als hätte er es hier auf ein ganz bestimmtes Modell abgesehen: den VW ID.3. Gerade in der Zweifarblackierung kann man den Dolphin leicht mit dem Wolfsburger verwechseln. Die Abmessungen sind bei der Unterscheidung auch keine Hilfe. Mit 4,29 Metern Länge, 1,77 Meter Breite und 1,57 Meter Höhe sind die Differenzen zum ID.3 marginal.
Leistung identisch mit ID.3
Ein Blick ins Datenblatt macht die Verwechslung perfekt. Mit einer Motorleistung von 150 kW beziehungsweise 204 PS verfügt der chinesische Kompakt über exakt die Leistung, die auch der stärkste ID.3 abgibt. Beim Antrieb gibt es jedoch erste Unterschiede: Während die permanent erregte Synchronmaschine im ID.3 die Hinterräder antreibt, sitzt der einzige Motor des Dolphin vorn.
Fahrdynamik
Beim Fahren zeigt sich schnell, dass VW die für drehmomentstarke E-Motoren besser geeignete Antriebsachse ausgewählt hat. Der die Vorderräder antreibende Dolphin kämpft unter Volllast mit Traktionsproblemen. Vielleicht wirkt die von BYD angegebene Beschleunigungszeit von 0 bis 100 km/h (7 Sekunden) deshalb subjektiv länger. Selbst im Sportmodus gewinnt das Strompedal nicht spürbar an Direktheit. Die Lenkung hingegen schon. Leichtgängig und präzise vermittelt sie ein gutes und sicheres Fahrgefühl. Sie macht Spaß und animiert beinahe zum Kurvenräubern, wenn da nicht das Fahrwerk wäre.
Wie gewonnen, so zerronnen
Freut man sich gerade noch über die zackige Umsetzung des Lenkbefehls, holt einen das komfortabel abgestimmte Fahrwerk wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Karosse des chinesischen E-Autos wankt schnell wie in schwerer See, als wären die rund 1,6 Tonnen doch etwas zu viel für die ansonsten zu Fahrbahnunebenheiten gütige Federung. Der Dolphin neigt sich bei flotten Kurvenwechseln zur Seite, als wolle er elegant versuchen, sich in die Wellen zu stürzen – nur dass die leider aus Asphalt bestehen. Ein Gefühl von Unsicherheit kommt zwar nicht auf, Kurvenspaß oder sportliches Fahrverhalten sehen aber anders aus. Schade!
Geklimper Innen und Außen
Doch nicht nur das Fahrwerk dürfte bei zackiger Kurvenfahrt störend wirken. Vor allem akustisch strapaziert der Dolphin die Nerven seiner Insassen. Angefangen bei der Klangkulisse des künstlichen Fahrgeräuschs, die bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h ertönt und aus Sicherheitsgründen die Aufmerksamkeit von Verkehrsteilnehmern außerhalb des Dolphin erregen soll. Das glockenspielähnliche Geklimper ist ungünstigerweise auch im Innenraum deutlich zu vernehmen und irritiert, um nicht zu sagen nervt. Gleiches gilt für den Harfen-ähnlichen Ton der Blinkeranschläge.
Preise und Marktstart
Genaue Preise nennt BYD noch keine. Zur Markteinführung wird der Dolphin mit einem 60 kWh großen Akku angeboten. Der Preis soll bei rund 38.000 Euro liegen. Im kommenden Jahr soll eine kleinere Akkugröße folgen, die sich preislich bei ca. 30.000 Euro ansiedelt. Der Vorverkauf startet im Sommer dieses Jahres. Die ersten Modelle werden dann im frühen vierten Quartal ausgeliefert.
Besser als der ID.3?
Nein. Der Dolphin macht zwar einen guten ersten Eindruck. Leistung, Platzangebot und Abmessungen können durchaus mit dem ID.3 mithalten. Bei der Fahrdynamik muss er sich jedoch deutlich geschlagen geben. Auch die Ladeleistung ist mit maximal 88 kW zu gering. Bereits in der Basis lädt der ID.3 schon mit 120 kW. Mit seinem Startpreis von 38.000 Euro ist er außerdem nur rund 2.000 Euro günstiger als ein ID.3. Die Chance, dass Interessenten den Dolphin dem ID.3 vorziehen, scheint daher gering. Mit einer günstigeren Einstiegsvariante des BYD Dolphin für rund 30.000 Euro, könnte das allerdings anders aussehen.
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Fazit
Mit frischer Optik, gutem Raumangebot und einem Stadtauto angemessener Leistung will sich der Dolphin auf dem europäischen Markt etablieren. Der hohe Einstiegspreis, Traktionsschwächen und das wankfreudige Fahrverhalten und die schwächere Ladetechnik lassen jedoch vermuten, dass er es gegen den ID.3 schwer haben wird.