Mehr als 50 Jahre sind seit dem Debüt des ersten VW Golf vergangen. Wie lange das wirklich her ist, lässt sich nicht zuletzt am Testfeld erkennen, mit dem sich der Golf Ende 1974 in einem ersten großen Vergleichstest herumschlagen musste: Alfasud, Citroën GS, Fiat 128, Opel Kadett und Simca 1.100 hießen die Gegner. Und nein, Sieger war am Ende nicht der Golf.
Wer damals siegte und ob es der kompakte Volkswagen diesmal besser macht, erfahren Sie gegen Ende unseres neuen Vergleichstests. Was es jedenfalls nicht mehr gibt, ist die bunte Vielfalt in jener Klasse, die damals noch untere Mittelklasse hieß. Alfasud und Citroën traten mit Boxermotoren an, der Kadett kam mit klassischem Hinterradantrieb. VW, Fiat und Simca waren sich immerhin einig und wiesen mit quer eingebauten Reihenmotoren die Zukunft.
Das ist heute in der Kompaktklasse Konsens, auch in diesem Test. Wobei sich ja drei Konkurrenten – VW Golf, Audi A3 und Cupra Leon – ohnehin den MQB als Unterbau teilen. Die Rolle des Exoten gibt diesmal der neue BMW 120 mit seinem 1,5-Liter-Dreizylinder. Allen wiederum gemeinsam ist die Antriebsauslegung mit mildhybridisiertem Benziner, Doppelkupplung und Frontantrieb.

Der 150 PS starke Benziner läuft sämig und sparsam (im Testmittel 6,3 Liter) und arbeitet gut mit dem Doppelkupplungsgetriebe zusammen.
Ausgewogener Audi
Womit wir bereits mitten in unserem Vergleichstest sind, und zwar beim A3; angetreten mit dem 150 PS starken 1,5-Liter, der bei Audi unter 35 TFSI läuft. Der A3 wurde – wie die gesamte Konkurrenz in diesem Vergleich – kürzlich einer tiefgehenden Modellpflege unterzogen, bei der nicht nur das Antriebsprogramm neu sortiert wurde, sondern auch ei- ne Karosserie-Variante namens Allstreet dazukam. Hier soll jedoch vom normalen Sportback die Rede sein. Audi leistet sich auch den Luxus einer Stufenheck-Version, das gibt es bei der Konkurrenz längst nicht mehr.
Als 35 TFSI kostet der Ingolstädter mit Doppelkupplungsgetriebe mindestens 35.650 Euro. Der Testwagen stellt freilich einen Gegenwert von 54 270 Euro dar, da muss man als Kompaktwagen-Kunde schon mal tief Luft holen. Obwohl der A3 ja ein Premium-Kompakter sein will, bei dem ein etwas höheres Preisniveau zu erwarten ist.
Bekanntlich bietet der Audi dafür eine Menge, auch das hat sich durch die Modellpflege nicht geändert. Das Interieur zeigt sich aufgewertet, die gern bekrittelte MQB-Bedienung weist weniger Tücken auf als befürchtet. So ist die Klimasteuerung unter dem Infotainment-Monitor zu finden, sie lässt sich leicht und mit minimaler Ablenkung bedienen.
Das gilt ebenso für die allermeisten zum Fahren notwendigen Funktionen. Mit der kleinen Ausnahme des S-Tronic-Wählhebels vielleicht. Der ist zu einer Art Schieberegler mutiert, der nicht nur mühsam zu bedienen ist, sondern zudem nicht sonderlich wertig wirkt. Das Einzige, was man zu seinen Gunsten anführen kann, ist, dass bei der Konkurrenz ähnliche Regler zum Einsatz kommen. Schön und praktisch geht jedenfalls anders.

Im Drive-Select-Menü werden die Fahrprogramme angewählt. Adaptivdämpfer: 830 Euro extra.
Womöglich fällt es im Audi besonders auf, weil der Sportback ansonsten einen so untadeligen Eindruck hinterlässt. Der 150 PS starke Benziner läuft sämig und sparsam (im Testmittel 6,3 Liter) und arbeitet gut mit dem Doppelkupplungsgetriebe zusammen. Er versteht es zudem, ebenso häufig wie unmerklich den Motor auszuknipsen, wenn kein Vortrieb benötigt wird. Per 48-Volt-Startergenerator wird das Triebwerk ebenso sanft wieder angeworfen.
Diese Kunststücke beherrschen Golf und Leon ebenso gut. Was die MQB-Brüder hingegen nicht ganz schaffen, ist, im Interieur ein ähnlich hohes Qualitätsgefühl zu vermitteln. Der A3 wirkt einfach eine Spur feiner und sorgfältiger zusammengebaut, wenngleich sein Materialmix mit den Hartplastik-Anteilen auch nicht in allen Ecken überzeugt. Wie auch immer: Sollten Sie auf gehobenes Niveau im Interieur Wert legen, führt kaum ein Weg am Audi vorbei.
Zum Premiumflair im Interieur passt der unaufgeregte und komfortable Fahreindruck, den der A3 in dieser Konfiguration vermittelt. Zudem federt das adaptive Fahrwerk (830 Euro Aufpreis) die meisten Unebenheiten gekonnt weg.
Ein feiner Fahreindruck vermittelt sich darüber hinaus häufig über die Qualität der Sitzmöbel, auch das passt beim Audi ins Bild. Besonders die zum Interieur-Paket S (2045 Euro) gehörenden Sportsitze vorn überzeugen mit zugreifendem Halt und ansprechendem Langstrecken-Komfort. Viel bleibt da also – von der Preisgestaltung abgesehen – nicht übrig, was einem die Laune im harmonischen und hochwertigen A3 Sportback verhageln könnte.
Über ähnlich gute Sessel verfügt der BMW 120. Die sind Teil des im Testwagen verbauten M Sportpakets (3.400 Euro), zu dem auch das adaptive Sportfahrwerk und die 18-Zoll-Räder gehören. Dass man sich in den haltstarken Sitzen dennoch nicht so innig ins Auto integriert fühlt wie etwa im A3, liegt an der Sitzhöhe.

Vier Türen plus große Heckklappe, das ist in der Kompaktklasse längst Standard.
48 Zentimeter Sitzhöhe
Der Fahrer thront im 120 ganze 480 Millimeter über dem Asphalt, mithin sechs Zentimeter höher als im A3 – und das, obwohl der BMW insgesamt flacher baut. Ähnlich hoch sitzt es sich nur im VW Golf (470 mm), wo es allerdings wegen der erhabeneren Bauweise weniger stört.
Ansonsten bemühen sie sich bei BMW, dem seit der Baureihe F40 von 2019 frontgetriebenen Einser Sportlichkeit und Agilität anzuerziehen. Das gilt auch für den aktuellen F70, der zwar als neues Modell gilt, doch im Grunde eine umfangreich modellgepflegte Version des Vorgängers ist.
Anders als jener erhielt der neue 120 jedoch den 1,5-Liter-Dreizylinder, der bislang nur in den Einstiegsmodellen 116i und 118i zum Einsatz kam. Der 116 mit 122 PS bildet nach wie vor die Basis, ebenfalls mit DKG. Das Schaltgetriebe hat auch bei dieser BMW-Baureihe ausgedient.
Im 120 (neuerdings ohne i) kommt der Dreizylinder auf 156 muntere PS. Er gibt sich lebendig und drehfreudig, ein Muster an Laufruhe und Kultiviertheit ist er erwartungsgemäß nicht. Immerhin lässt der BMW beim Spurt auf 100 km/h die Konkurrenz aus dem Volkswagen-Universum jeweils ein paar Zehntel hinter sich, auch das wollen wir nicht unerwähnt lassen. Dass er trotz seines kleinen Leistungsvorsprungs bei den Fahrleistungen nicht noch besser abschneidet, dürfte nicht zuletzt am Gesamtgewicht liegen: Der kompakte BMW wiegt nämlich satte 1.463 kg. Damit ist er über 100 kg schwerer als der Golf und immer noch rund einen Zentner gewichtiger als der Leon, der ihm in dieser Disziplin am nächsten kommt.

So gesehen schlägt sich der 120 beim Kurvenfahren gar nicht schlecht. Er bleibt lange neutral, untersteuert nur im Extremfall und bleibt trotz der um die Mittellage zappeligen Lenkung zuverlässig auf Kurs. Ihre Auslegung stört eher beim Autobahnfahren, weil das nervöse Ansprechen für einen etwas unruhigeren Geradeauslauf sorgt. Das mag sich nun wilder lesen, als es ist. In Wahrheit wird diese Eigenheit des 120 nur dann besonders auffällig, wenn man – wie bei unseren Testfahrten üblich – aus einem Auto in das nächste steigt.
Auf der Autobahn kommt zudem der recht spärliche Federungskomfort zum Tragen. Die straff ansprechenden Fahrwerkselemente lassen den BMW etwas hölzern über Fugen und Unebenheiten marschieren, auch da wäre etwas weniger Sportlichkeit womöglich willkommener.
Wobei wir natürlich die besseren Seiten des 120 nicht unter die Fahrbahn fegen wollen. Der BMW verfügt über eine bereits serienmäßig sehr umfangreiche Sicherheitsausstattung, er bremst gut und bietet die mit Abstand am besten dosierbaren Stopper in diesem Vergleich. Zudem zeigt sich seine Verkehrszeichenerkennung am treffsichersten, und der verständigen Sprachbedienung merkt man an, dass sie für höherklassige Modelle entwickelt wurde. Das passt und ergibt Sinn, denn die Bedienung wurde durch den Entfall des gewohnten Dreh-Drück-Reglers tatsächlich nicht besser.
Zu den besonders billigen Kompakten zählt der BMW 120 ohnehin nicht. Er kostet inklusive M Sportpaket 41 300 Euro, der Testwagen bringt es auf stattliche 54 800 Euro. Womit er im Kostenkapitel nicht ganz so viele Punkte einheimst wie der günstigere Cupra Leon. Den gibt es ab 38 340 Euro, mit der Ausstattung des Testwagens in der Sonderfarbe Graphene-Grau (1.140 Euro) stünden 47.558 Euro auf dem Preiszettel. Auch das ist nicht wenig für einen Kompaktwagen mit 150 PS.

Der graue Extra-Lack kostet 1.160 Euro Aufpreis.
Geräumiger Cupra
Dabei hat der Leon – ebenfalls im Sommer modellgepflegt – einiges zu bieten, was es bei der Konkurrenz so nicht gibt. Etwa sein äußerst großzügig bemessenes Interieur. So viel Platz wie der katalanische Kompaktwagen hat keiner der deutschen Mitbewerber zu bieten.
Das gilt sowohl für die sehr luftige Innenhöhe als auch für den üppigen Laderaum. 1.301 Liter kann er maximal verklappen, das hat fast schon Kombi-Qualität. Des Rätsels Lösung: Der Leon ist ein paar Millimeter länger als seine MQB-Brüder Golf und A3, und er hat den Radstand des Octavia Combi (2.686 mm). Das gilt natürlich auch für den bescheidener auftretenden Seat Leon. Der steht nach wie vor auch mit dem 150 PS starken eTSI-Antrieb beim Händler; allerdings kam er nicht in den Genuss der äußerlichen Änderungen.
Ansonsten bemüht sich der Leon in seinem neuen Cupra-Gewand um einen sportlichen Auftritt, so als seien ihm seine praktischen Vorzüge fast ein wenig peinlich. Der graue Sonderlack passt zur sportlichen Imagebildung, ebenso wie die nun strenger blickenden LED-Augen.
Die stehen beim Testwagen mit 980 Euro inklusive Signature Ceremony in der Liste. Die etwas hochtrabende Bezeichnung steht für die besondere Lichtinszenierung, welche die Scheinwerfer beim Einschalten aufführen. Besonders hübsch kommt der Cupra daher, wenn er das Driving-Performance-Paket Polar Black/Silver für 1.360 Euro mitbringt. Es umfasst neben den 19-Zoll-Rädern auch die adaptive Fahrwerksregelung DCC. Doch selbst mit der prinzipiell gleichen Technik wie Golf und A3 wirkt der Leon deutlich steifbeiniger, federt Unebenheiten nicht so gekonnt aus wie seine Konzernkollegen. Die sportlichere Abstimmung passt jedenfalls zum zackigen Markenimage.

Top-Matrix-LED-Licht vorn gibt’s beim Cupra für 1.010 Euro, inklusive Ceremony-Signatur.
Auf die dynamischen Qualitäten hat die Auslegung kaum erfahrbare Auswirkungen. Vom Fahrgefühl her liegt der Cupra Leon näher am Golf als am Audi, ohne dessen extreme Ausgeglichenheit zu erreichen. Ebenso gelungen abgestimmt wie beim Wolfsburger zeigt sich die Lenkung des Spaniers. Sie agiert feinfühlig, gleichmäßig und mit der genau richtigen Balance aus Griffigkeit, Lenkgefühl und angenehmer, nicht zu leichter Betätigungskraft. Das kriegt im Übrigen selbst der Audi nicht derart harmonisch hin, dazu geriet die A3-Lenkung etwas zu leichtgängig.
Wieso der Leon dann trotz all seiner Qualitäten am Ende ein paar Punkte weniger sammelt als A3 und Golf? Gute Frage. Es sind Kleinigkeiten, die den Unterschied machen: die etwas robustere Materialqualität im Innenraum, die schlichtere Sicherheitsausstattung oder der kernigere Federungskomfort. Wer sich an all dem nicht stört und das diskrete Flair iberischen Temperaments schätzt, liegt hier genau richtig.
Temperamentverdächtig war der VW Golf in seiner über 50-jährigen Historie dagegen noch nie, ohne dass er deswegen zum norddeutschen Kaltblüter geworden wäre. Gleichwohl musste sich der Wolfsburger Bestseller in seiner achten Modellgeneration (ab 2019) zuvor ungehörte Kritik an Bedienung und Software gefallen lassen. Einiges davon wurde durch die jüngste Modellpflege besser, doch andere Details bleiben nach wie vor unbefriedigend. Beispiel: Ob nun beleuchtet oder nicht, Slider sind als Bedienungselemente in einem Kraftfahrzeug nach wie vor wenig tauglich, um Lautstärke oder Kartenzoom einzustellen. Was besser wurde: die nun griffiger und sicherer zu bedienenden Lenkradtasten.

103 kg liegen zwischen dem Gewichtigsten (BMW, 1.463 kg) und dem Leichtesten (VW, 1.360 kg) in diesem Vergleich – was für das gelungene Golf-Package spricht.
Vorzüglicher VW
Was darob in den vergangenen fünf Jahren beinahe in Vergessenheit geriet: Der Golf ist nach wie vor ein brillant zu fahrendes Auto. Denn wenn man von den Unzulänglichkeiten bei der Handhabung absieht, gibt es wenig, was ihm wirklich vorzuwerfen wäre.
Auch nicht, wenn man den VW gegen seine MQB-Brüder und den BMW 120 vergleichstestet. Das beginnt bereits beim Raumangebot. Vier Erwachsene und bis zu 381 Liter Gepäck reisen in der Kompakt-Limousine recht kommod, und wenn die Hintensitzenden etwas zarter gebaut sind, passen sogar drei von ihnen auf die Rückbank. Die erlaubte Zuladung von 500 kg (bei unserem Testwagen) bietet genug Spielraum für derlei Eskapaden. Mehr darf in diesem Vergleich nur der 120 zuladen (527 kg).
Dabei fühlen sich die VW-Insassen keineswegs billig, sondern qualitativ hochwertig und sicher untergebracht. Auch das kann in dieser Klasse kaum einer dem Golf so richtig nachmachen. Zu dessen Soft Skills zählt übrigens nach wie vor die ausgeprägte Klassenlosigkeit. Dafür gibt es zwar keine Punkte in unseren Vergleichstests, doch nicht wenige Golf-Kunden wissen gerade diese Eigenschaft zu schätzen.
Umso mehr Punkte macht der VW mit seinem Fahrkomfort. Weich und ohne große Karosseriebewegungen überschmeichelt er Unebenheiten, jedenfalls wenn er mit dem optionalen DCC-Fahrwerk ausgerüstet ist (865 Euro). Wem die Adaptiv-Dämpfer im Komfort-Modus zu schaukelig sind, der kann sie im Individual-Menü feinstufig nachschärfen.
Die ausgewogene Abstimmung hilft dem Golf auch, bei schneller Kurvenfahrt auf Kurs zu bleiben. Er zeigt sich sehr neutral, zum Untersteuern will er richtig gezwungen werden. Und selbst mutwillig hervorgerufene Lastwechsel entlocken ihm nicht mehr als ein gelangweiltes Zucken um die Hochachse.
So betrachtet, vertrüge er vermutlich eine etwas lockerere Abstimmung der Dynamikregelung. Doch das sind Feinheiten, die im Alltag kaum eine Rolle spielen. Der Testwagen auf diesen Seiten kostet übrigens exakt 48.000 Euro. Nicht billig, doch durchaus seinen Preis wert.
Audi A3 Sportback 35 TFSI S line | Cupra Leon 1.5 eTSI | BMW 120 M Sportpaket | VW Golf 1.5 eTSI R-Line | |
Grundpreis | 37.750 € | 39.225 € | 41.300 € | 38.400 € |
Außenmaße | 4352 x 1816 x 1466 mm | 4398 x 1799 x 1444 mm | 4361 x 1800 x 1459 mm | 4282 x 1789 x 1483 mm |
Kofferraumvolumen | 380 bis 1200 l | 380 bis 1301 l | 300 bis 1135 l | 381 bis 1237 l |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1499 cm³ / 3-Zylinder | 1498 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 115 kW / 156 PS bei 4700 U/min | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 226 km/h | 215 km/h | 226 km/h | 224 km/h |
0-100 km/h | 8,6 s | 8,9 s | 7,7 s | 8,6 s |
Verbrauch | 5,4 l/100 km | 5,7 l/100 km | 5,5 l/100 km | 5,4 l/100 km |
Testverbrauch | 6,3 l/100 km | 6,3 l/100 km | 6,4 l/100 km | 6,0 l/100 km |