Es war das umgekehrte Bild wie bei Ferrari. Mercedes war am Samstag besser als am Sonntag. In der Qualifikation fuhr George Russell wieder einmal hauchdünn an der Pole-Position vorbei. Diesmal fehlten nur 0,137 Sekunden. Die komplette Zeit ging auf der Zielgeraden und in den ersten drei Kurven verloren. Den Rest der Runde war er so schnell wie Oscar Piastri.
Beim Versuch, in der Aufwärmrunde Platz für Lance Stroll zu schaffen und Abstand zu Carlos Sainz zu halten, musste Russell in den ersten Gang und fast bis zum Stillstand bremsen. So war er auf der Zielgeraden 20 km/h zu langsam, und die Medium-Sohlen hatten für die ersten Kurven noch nicht ihre Betriebstemperatur. Der Trick mit den Medium-Reifen konnte so nur einen Teil seiner Wirkung entfalten.
Rückblickend könnte man sagen, dass vielleicht alles ganz anders gekommen wäre, wenn Russell das Rennen von der Spitze weg in sauberer Luft hätte fahren können. So steckte er die ersten Runden im Verkehr. Beim Versuch, mit Max Verstappen und Oscar Piastri mitzuhalten, überforderte der Engländer die Reifen. Das war ihm in Jeddah schon einmal passiert.

Russell zerstörte sich früh im Rennen die Reifen und musste an die Box abbiegen.
Früher Stopp zerstört Rennen
Die Folge war, dass die Hinterreifen schnell zu heiß wurden. Team-Repräsentant Bradley Lord erklärte: "Wir können nicht von klassischer Überhitzung sprechen. Es war eher so, dass die Reifen schneller an das obere Ende ihres Arbeitsfensters stießen." Russell bestätigte: "Ich hatte Schwierigkeiten, sie im Fenster zu halten."
Seine Funksprüche, dass etwas mit dem Heck des Autos nicht stimmte, war ein subjektiver Eindruck des Fahrers. Durch den Grip-Verlust hinten geriet der Silberpfeil aus der Balance. Nach zehn Runden hatte Russell bereits 7,9 Sekunden auf Verstappen und 5,8 Sekunden auf Piastri verloren. Nach elf Runden stand er an der Box. "Damit war das Rennen verloren, weil wir voll in den Verkehr gefallen sind", bedauerten die Ingenieure.
Auf den harten Reifen stabilisierten sich die Reifen. Doch das Renntempo war trotzdem enttäuschend. Charles Leclerc, der mit einem Undercut an Russell vorbeigekommen war, hatte zeitweise einen Vorsprung von zehn Sekunden auf den Mercedes herausgefahren. Die Lücke schloss sich erst wieder, als Leclerc im Dreikampf mit Alexander Albon und Lewis Hamilton massiv Zeit verlor.

In Imola beanspruchte der Mercedes die Reifen hinten zu stark. In Jeddah waren noch die Reifen auf der Vorderachse das Problem.
Reifenproblem nur auf bestimmten Strecken
Mercedes hat mit dem W16 ein schnelles Auto, doch auf bestimmten Strecken unter bestimmten Bedingungen tauchen ähnliche Probleme wieder auf, mit denen man schon in den letzten drei Jahren zu kämpfen hatte. Sie sind nur seltener geworden. Die Situation in Imola erinnerte Mercedes an Jeddah. Auch da wurden die Reifen zu heiß.
In Jeddah waren die Vorderreifen betroffen, weil das Setup darauf ausgerichtet war, das Heck zu schützen. In Imola war es umgekehrt. Pirelli-Sportchef Mario Isola glaubt nicht, dass es daran lag, dass der C5-Reifen für den ersten Stint eine heiße Qualifikationsrunde in seiner Vita hatte. "Das nimmt ein bisschen Leben raus. Aber nach dem Hitzezyklus stabilisiert sich der Reifen beim Abkühlen wieder ganz gut."
Möglicherweise spielte das heiße Wetter am Sonntag eine Rolle. Die Asphalttemperaturen kletterten um zehn Grad nach oben. Damit änderte sich der Abnutzungsprozess. Was auch ein Grund dafür sein könnte, warum McLaren nicht so überlegen war, wie man es erwartete.
So ging es für Mercedes nur noch um Schadensbegrenzung. Russell lieferte mit Platz sieben sein schlechtestes Saisonresultat ab. Andrea Kimi Antonelli kam gar nichts ins Ziel. Sein Heimspiel endete auf dem Grünstreifen auf der Anfahrt zur Piratella-Kurve. Auf dem Weg zu Platz acht und wenigstens in paar Punkten versagte die Gaspedalsteuerung.