03/2021, Lordstown Endurance Werk Ohio Lordstown Motors
02/2022, Lordstown Endurance Elektro-Pickup
02/2022, Lordstown Endurance Elektro-Pickup Produktion
02/2022, Lordstown Endurance Elektro-Pickup Lackierung
02/2022, NFL-Quarterback Joe Burrow für Lordstown Motors 28 Bilder

Lordstown plant Neuanfang: Neue Modelle mit Foxconn-Technik

Lordstown plant Neuanfang Neue Modelle mit Foxconn-Technik

Die Produktion des Elektro-Pick-ups Endurance wurde wegen Qualitätsproblemen pausiert. Trotzdem plant Lordstown eine Zukunft mit einer größeren Modellpalette. Dabei spielt Partner Foxconn eine zentrale Rolle.

Wie tief ein Unternehmen gesunken ist, lässt sich meist an dessen Aktienkurs ablesen. Zum Beispiel bei Lordstown Motors: Das 2018 gegründete Start-up, das einen elektrisch angetriebenen Pick-up bauen möchte, legte bereits im Oktober 2020 seinen Börsengang hin. Anfangs entwickelte sich der Kurs positiv: Der Ausgabepreis von 19,32 Dollar (aktuell umgerechnet etwa 18,17) stieg im folgenden halben Jahr bis auf 30,75 Dollar (28,92 Euro). Doch dann folgten Skandale sowie Pleiten, Pech und Pannen. Der Aktienkurs am 8. März 2023: 0,98 Dollar. Man muss den Betrag nicht in Euro umrechnen, um zu wissen: Das ist verdammt wenig!

Doch Lordstown gibt nicht auf. Im Gegenteil: Die im US-Bundesstaat Ohio ansässige Firma plant beharrlich ihre Zukunft, in der sogar neue Modelle eine Rolle spielen. Zusammen mit Partner Foxconn, der eigentlich Hon Hai Precision Inc. Co., Ltd. heißt und als Auftragsfertiger des Apple iPhones bekannt ist. Die Taiwanesen sind inzwischen selbst ein Autohersteller. Unter dem Markennamen Foxtron wollen sie noch in diesem Jahr ein erstes Elektroauto auf den Markt bringen und ihr Portfolio schnell ausbauen. Zudem führt Foxconn das Mobility-in-Harmony-Konsortium an, das eine offene Entwicklungs-Plattform für Elektrofahrzeuge aufsetzt.

Neues Modell auf Foxconn-Plattform

Diese Plattform – zumindest "Schlüsselkomponenten und Subsysteme" – sowie weiteres Kapital seines Partners will Lordstown für sein nächstes Auto nutzen. Welchem Segment dieses Modell angehören und wann es auf den Markt kommen wird, verraten die Amerikaner nicht. US-Medien behaupten, dass es sich dabei um ein Nutzfahrzeug handeln soll. Um einen Ersatz des Lordstown-Erstlingswerks, bei dem es sich um den E-Pick-up Endurance (siehe Fotoshow) handelt, geht es dabei wohl nicht.

Foxconn Foxtron Model B
Alternative Antriebe

An diesem doktern die Amerikaner nämlich weiterhin herum. Nach vielen Verzögerungen nahm Lordstown im vierten Quartal 2022 endlich die Produktion des Endurance auf – nur um sie Ende Februar 2023 wieder zu pausieren. Bis dahin wurden 40 Autos gefertigt, von denen nur sechs verkauft wurden. Doch diese wiesen derart große Qualitätsprobleme auf, dass sich Lordstown gezwungen sah, den Reset-Knopf zu drücken. Alle in Kundenhand befindlichen Fahrzeuge wurden zurückgerufen; für alle künftigen Endurance-Exemplare stehen nun umfassende Konstruktionsänderungen, Nachrüstungen und Software-Updates an. In den kommenden Wochen will der Hersteller bekannt geben, wann die Probleme gelöst sein sollen und die Produktion wieder startet.

Lordstown – eine (bislang) unrühmliche Geschichte

Die Geschichte von Lordstown war von Beginn an von Störgeräuschen und Ungereimtheiten begleitet. Viel Kritik entzündete sich anfangs an Firmengründer und -chef Steve Burns, der zuvor bereits den Nutzfahrzeug-Hersteller Workhorse geleitet hatte. Diesen verließ er unter dubiosen Umständen. Und zwar mit einigen Patenten im Gepäck, die er Workhorse für wenig Geld abgekauft hatte. Das geistige Eigentum wollte er für einen Elektro-Pick-up nutzen, den seine neu gegründete Firma Lordstown bauen sollte.

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02/2021, Lordstown Endurance Baja Racer
Lordstown Motors / Facebook
02/2021, Lordstown Endurance Baja Racer 04/2021, Lordstown Endurance Baja Racer 04/2021, Lordstown Endurance Baja Racer 04/2021, Lordstown Endurance Baja Racer 11 Bilder

Es schien sich alles zu fügen für Burns und Lordstown: General Motors wollte sein Autowerk in der gleichnamigen Stadt loswerden; da kam Burns mit seinen E-Pick-up-Plänen gerade recht. Nun hatten auch die dort beschäftigten GM-Angestellten wieder eine Perspektive: Sobald die Fabrik voll hochgefahren ist, sollen mit 4.000 bis 5.000 Mitarbeitern bis zu 60.000 Elektro-Pick-ups pro Jahr entstehen, hieß es 2019. Der damalige US-Präsident Donald Trump sprang nur zu gerne auf den Populismus-Zug auf. Er besuchte nicht nur medienwirksam das Lordstown-Werk, sondern versprach zudem hohe Fördergelder. Dann legte Lordstown, wie erwähnt, einen recht erfolgreichen Börsengang hin – zumindest für etwa ein halbes Jahr.

Shortseller-Attacke von Hindenburg Research

Auftritt Hindenburg Research: Im März 2021 ritt das Investment-Unternehmen aus New York, das mit Nikola bereits einen anderen Elektroauto-Hersteller in eine schwere Existenzkrise stürzte, eine Shortseller-Attacke gegen Lordstown Motors. Begleitet von schweren Vorwürfen des unlauteren Wettbewerbs und der Investorentäuschung wettete Hindenburg Research auf fallende Aktienkurse des Start-ups. Ein sehr umstrittenes Instrument am Wertpapiermarkt, mit dem aber immer wieder Missstände bei Unternehmen aufgedeckt werden – so auch bei Lordstown.

Tesla Cybertruck
E-Auto

Die zentralen Vorwürfe kurz zusammengefasst: Lordstown soll nicht nur geschönte Bestellzahlen veröffentlicht, sondern sogar Aufträge gefälscht haben. Viele von ihnen stammten offenbar von Briefkastenfirmen, Beratungsagenturen oder Kleinbetrieben, die überhaupt keine entsprechend großen Flotten betreiben und angeblich dafür bezahlt wurden, bei Lordstown Bestellungen zu platzieren. Und anders als seinerzeit schon behauptet, soll der Autobauer zu diesem Zeitpunkt über "kein verkaufsfähiges Produkt" verfügt haben. So sei keine Testreihe zufriedenstellend abgeschlossen worden und ein Prototyp sogar kurz nach Fahrtbeginn in Flammen aufgegangen. Und überhaupt sei es ein schlechtes Zeichen gewesen, dass viele Führungskräfte direkt nach dem Börsengang im Oktober 2020 ihre Anteile abgestoßen hatten.

Neue Männer an der Spitze

Hindenburg Research stach offenbar in ein Wespennest – immerhin nahm auch die US-Börsenaufsicht SEC Ermittlungen auf – und Lordstown geriet in eine Abwärtsspirale, die in Rekordzeit an Tempo aufnahm. Im Juni 2021 mussten Burns und der Finanzchef Julio Rodriguez gehen. Ihnen folgte mit Daniel A. Ninivaggi ein Manager an der Lordstown-Spitze, der schon mehrfach Führungspositionen in der Automobil- und Transportbranche bekleidete. Doch auch er gab die operative Verantwortung schnell ab und wechselte auf einen Posten, der in etwa mit dem eines Aufsichtsratsvorsitzenden zu vergleichen ist. Als Geschäftsführer ist seit Sommer 2022 Edward T. Hightower an Bord; ein Veteran der Automobilindustrie, der die meisten seiner 30 Jahre in der Branche bei Ford, BMW und General Motors verbracht hat.

07/2022, Lordstown Endurance mit CEO Edward T. Hightower
Lordstown Motors
Mit Edward T. Hightower übernimmt ein Veteran der Automobilindustrie die operative Verantwortung bei Lordstown Motors.

Doch weder Ninivaggi noch Hightower schafften es bisher, die Produktion des ursprünglich für September 2021 angekündigten Endurance vernünftig aufzugleisen. Wenig hilfreich war freilich, dass sich Lordstown kontinuierlich in Geldnot befindet. Sein Werk hat der Hersteller inzwischen komplett an Foxconn verkauft; er ist also nur noch Mieter im eigenen Hause. So kommt es, dass nicht der Hersteller selbst seinen Endurance baut, sondern Foxconn diese Aufgabe in dessen Auftrag übernimmt. Zudem soll von 2024 an in Lordstown ebenfalls der Elektro-Kleinwagen Pear des weiteren Foxconn-Partners Fisker gebaut werden.

Immer mehr Einfluss von Foxconn

General Motors, das nach dem Verkauf seines Werks an das Start-up "als Geste des guten Willens" knapp fünf Prozent der Lordstown-Anteile übernahm, hat diese längst wieder abgestoßen. Obendrein war das durch den Fabrikverkauf an Foxconn eingenommene Geld schnell weg, weshalb die Taiwanesen immer wieder weiteres Kapital zuschießen und dabei immer mehr Firmenanteile von Lordstown über- und auf andere Weise Einfluss nehmen. So entsendet Foxconn inzwischen eigene Leute in die Führungsgremien von Lordstown. Vielleicht hilft das ja dabei, aus dem Skandalunternehmen einen seriösen Autobauer zu machen.

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Fazit

Nach dem von den Anschuldigungen verursachten Kurssturz und den ersten Ermittlungen der US-Börsenaufsicht SEC schien sich Lordstown wieder etwas stabilisiert zu haben. Doch es folgten weitere schlechte Nachrichten; vor allem die Abgänge des Firmen- und Finanzchefs wiesen darauf hin, dass beim Elektroauto-Start-up vieles im Argen gelegen hat.

Wer auf einen nachhaltigen Aufschwung durch die neuen Chefs und den Foxconn-Einstieg gehofft hatte, wurde von den jüngsten Nachrichten um Qualitätsprobleme, Rückrufe und Produktionspausen auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen. Deshalb erscheint es weiterhin fraglich, wann und ob es die Firma endlich schaffen wird, den Endurance auf den Markt zu bringen. Und ob – allen neuen Ankündigungen zum Trotz – je weitere Modelle mit Lordstown-Label auf den Markt kommen werden.

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