Der im Juli 2020 noch als Konzept vorgestellte Jeep Wrangler Rubicon mit 6,4-Liter-V8 kommt tatsächlich. Und er hat noch ein bisschen Muskeltraining betrieben. Jetzt sind die Preise bekannt geworden. Außerdem neu: Eine Launch-Edition zum Sonderpreis.
Im nach außen so nüchtern auftretenden Auto-Business kochen die Emotionen hinter den Kulissen schon gerne einmal hoch. Ganz besonders dann, wenn plötzlich ein neuer Spieler die Bühne betritt, der dem alteingesessenen Darsteller ans Leder möchte. Die Rede ist vom neuen Ford Bronco, dessen Entwickler Konzept und Philosophie des Jeep Wrangler sehr ausführlich zitierten und damit natürlich auch bei Jeep den Einen oder Anderen auf die Palme brachten.
Tuning ab Werk für den Wrangler
Die lange Einleitung ist nötig um zu verstehen, warum am 13. Juli 2020, just zur offiziellen Premiere des neuen Ford Bronco, bei Fiat-Chrysler ein offensichtlich bereits nahezu fertig entwickeltes Fahrzeug plötzlich als Konzept der Öffentlichkeit präsentiert wurde: Jeep zeigte den Wrangler 392 als Bronco-Party-Crasher. Dass der fette V8 (die 392 steht für den Hubraum in cubic-inch, 6,4 Liter sind das) auch ohne den neuen Rivalen seinen Weg unter die Haube gefunden hätte, darf jedoch angenommen werden. Schon beim Grand Cherokee Trackhawk und beim RAM 1500 TRX hatte FCA gezeigt, dass man das lukrative Geschäft mit den Kraftprotz-Motoren nicht mehr nur den Tunern überlassen wollte.
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Quell der Freude: Der HEMI-V8 mit 6,4 Liter Hubraum.
Beim neuen Jeep Wrangler Rubicon 392 griffen die Entwickler allerdings nicht ganz so tief in die Kiste wie bei den vorgenannten Modellen mit dem über 700 PS starken "Hellcat"-Motor. Im Wrangler Rubicon 392 kommt der klassische HEMI-V8-Sauger zum Einsatz, der bereits seit einigen Jahren in anderen Konzernmodellen wie dem Dodge Charger für reichlich Reifenabrieb sorgt. Gegenüber den für das Konzeptfahrzeug verkündeten 450 PS (SAE-Norm) hat das Serienprodukt noch ein bisschen zugelegt: 470 hp verkünden die technischen Daten und machen den Jeep Wrangler Rubicon 392 damit zum mit Abstand stärksten Wrangler in der 34j-ährigen Modellgeschichte.
Verstärkte Achsen, verstärktes Getriebe
Dass der Kraft-V8 mit seinen 637 Newtonmeter Drehmoment gleich in das Top-Modell Rubicon verpflanzt wurde, hat nachvollziehbare Gründe. Beim Wrangler Rubicon sind bereits ab Werk Dana 44-Achsen mit robusterem Innenleben verbaut, das verstärkte Achtgang-Automatikgetriebe 8HP75 von ZF für maximal 750 Newtonmeter Drehmoment hatte im bei uns nicht erhältlichen Jeep Wrangler Eco-Diesel mit dem Dreiliter-V6-Motor Premiere.
Der Jeep Wrangler Rubicon 392 im Video
Auf Heckantriebs-Burnouts muss die Fangemeinde beim Wrangler Rubicon 392 verzichten, das Modell fährt mit permanentem Allradantrieb vor. Hier gibt es eine Besonderheit: Denn beim neuen Jeep Wrangler Rubicon 392 kommt das MP3022-Verteilergetriebe mit der regulären Geländeübersetzung von 2,72:1 zum Einsatz. Das beim Wrangler Rubicon eigentlich serienmäßige Rock-Trac Verteilergetriebe (NV241OR) hätte mit der Geländeuntersetzung von strammen 4,0:1 wohl auch die verstärkten Rubicon-Achsen ans Limit gebracht.
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Eine große Lufthutze mit ausgeklügeltem Ansaugsystem sorgt für ausreichende Versorgung des dicken V8.
Dass die ultrakurze Gelände-Untersetzung beim Jeep Wrangler Rubicon 392 auch im harten Gelände kaum vermisst werden dürfte, ist angesichts der Leistungsdaten aus dem Maschinenraum wohl ziemlich sicher. Aber auch auf der Straße dürfte es kaum Grund für Kummer geben, die Zeit für den Spurt aus dem Stand auf 60 mp/h (96,6 km/h) wird mit 4,5 Sekunden angegeben. Glauben wir sofort.
Interessant ist jedoch, dass Jeep beim Unterbau des Wrangler Rubicon 392 weitgehend auf Serientechnik der schwächeren Modelle setzt. Fahrwerk, Bereifung und Lenkung wurden gegenüber dem Standard-Rubicon nicht verändert, lediglich an der Hinterachse weisen die technischen Daten eine größere Bremsscheibe aus. Im Bereich der Motoraufnahme wurde außerdem der Rahmen verstärkt, ebenfalls verstärkt wurden die vorderen Querlenker. Damit wird auch deutlich gemacht, dass der Wrangler Rubicon weniger als Showstar auf der Viertelmeile gebaut wurde, sondern speziell im Offroad-Einsatz klar machen soll, wo der Hammer hängt. Gerne auch mit freundlichem Gruß an den neuen Ford Bronco, dessen Maximal-Motorisierung sich in einem noch nicht einmal halb so großen 2,7-Liter-V6 erschöpft.
Neue Schaltwippen und Klappenauspuff beim Rubicon 392
Im Innenraum des Jeep Wrangler Rubicon 392 macht man kein großes Drama um den installierten Kraftprotz. Lediglich der Drehzahlmesser mit seinem schmalen roten Bereich um "kurz vor sieben" zeigt an, dass da vorne kein Vierzylinder tobt wie bei den europäischen Modellen. Auch neu: Die Schaltwippen am Lenkrad. Ansonsten entspricht das Cockpit dem regulären Wrangler Rubicon. Mit einer winzigen Ausnahme: Ein kleines Schalterchen unterhalb des Radios kündet von der manuell aktivierbaren Klappen-Auspuffanlage. Der amtliche Beat des Hemi-V8 wird also auch seinen akustischen Niederschlag finden. Bei Volllast öffnet die Klappenanlage auch automatisch.
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Für fette Geländedrifts mit dem Wrangler Rubicon 392 muss man in die USA reisen, ein offizieller Import nach Deutschland ist unwahrscheinlich.
Jeep Wrangler Rubicon 392 Preise
Während Jeep in den USA bislang noch keine offizielle Preisliste veröffentlicht hat, erlaubt nun ein Besteller des Modells einen Einblick in die Preisstruktur. Er veröffentlichte seine Bestellung mit Preisen in einem US-Jeep-Forum. Demnach kommt der Wrangler Rubicon 392 auf einen Endpreis von 73.860 US-Dollar (umgerechnet aktuell rund 61.000 Euro), bei diesem Preis sind bereits die Überführungskosten von 1.495 Dollar enthalten. Auch einige Optionspreise hat der Kunde veröffentlicht. So kosten die stylishen Halbtüren als Ergänzung der Standardtüren einen Aufpreis von 4.395 Dollar, der Metallic-Lack 245 Dollar und das elektrisch betriebene Stoffschiebedach 2.000 Dollar.
Ende Februar 2021 hat Stellantis außerdem bekannt gegeben, dass es eine Launch-Edition des Ballermanns geben wird. Deren Preis: 74.995 US-Dollar inklusive Überführung. Die Launch-Edition verfügt unter anderem über eine Lederausstattung, die Top-Variante des Infotainment-Systems, Hardtop und Radhausverbreiterungen in Wagenfarbe, LED-Beleuchtung und schlüssellosen Zugang.
Die wichtigste Frage zum Schluss: Kommt er auch zu uns? Die Antwort darauf bleibt Jeep weiterhin schuldig. Neben dem Hauptmarkt USA ist lediglich der Mittlere Osten als Verkaufsgebiet im Gespräch, die Scheichs in den Emiraten bekommen also auf voraussichtlich ebenfalls ein schönes neues Sandspielzeug. Dass angesichts der CO2-Grenzwerte in der EU seitens Stellantis mit Nachdruck an einem offiziellen Import gearbeitet wird, scheint jedoch unwahrscheinlich. In den USA ist der Verkaufsstart im ersten Quartal 2021 geplant. Für deutsche Jeep-Fans heißt es in Sachen Wrangler Rubicon 392 also bis auf weiteres: Nur gucken, nicht anfassen.
Umfrage
Na klar. Ein anständiger V8 hat dem Offroader immer gefehlt.
Auf keinen Fall. Bei diesem Auto geht es nicht um Höchstleistung.
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Fazit
Zu stark für uns: Verbrauchswerte für den Wrangler Rubicon 392 nennt Jeep erst gar nicht, man kann sie sich aber ungefähr ausmalen. Und damit auch den Hauptgrund erkennen, warum die EU als Absatzmarkt für den stärksten Jeep Wrangler aller Zeiten nicht im Fokus der Stellantis-Verantwortlichen steht. Hierzulande bleibt leistungshungrigen Wrangler-Fans also weiterhin nur der Gang zu Tuning-Betrieben, die entsprechende V8-Umbauten für den Jeep-Klassiker anbieten.