Das schwedische Hypercar unterbietet seinen eigenen Beschleunigungs- und Bremsrekord um zwei Sekunden. Dabei hilft das eigenwillige Getriebe des 1.500 PS starken Hybrid-Boliden.
Das schwedische Hypercar unterbietet seinen eigenen Beschleunigungs- und Bremsrekord um zwei Sekunden. Dabei hilft das eigenwillige Getriebe des 1.500 PS starken Hybrid-Boliden.
Der Name „Regera“ leitet sich vom schwedischen Begriff für „regieren“ ab. Und nichts weniger als das will die Waffe aus dem Hause Koenigsegg. Nachdem die Schweden bei der Hatz nach der 300 mph-Marke das Nachsehen gegenüber Bugatti hatten, manifestierten sie nun ihre Herrschaft in einer anderen Kategorie: In der Disziplin „0-400-0 km/h“, bei der es also ebenso auf das Beschleunigungs- wie auf das Bremsvermögen ankommt.
Auf dem stillgelegten Militärflughafen Råda tief in den Wäldern Schwedens hat der Regera nun den Rekord seines Schwestermodells Regera RS gebrochen: Werksfahrer Sonny Persson trieb das Hypercar bei perfekten Wetterbedingungen (sonnig und windstill) in 31,49 Sekunden aus dem Stand auf 400 km/h und wieder zurück in den Stand. Damit lief dieser Rekordlauf 1,8 Sekunden schneller ab als jener mit dem RS vor zwei Jahren. Und sogar mehr als zehn Sekunden schneller als der des Bugatti Chiron: 2017 brauchte Ex-Formel 1-Pilot Juan Pablo Montoya im französischen 1.500-PS-Extremsportler 41,96 Sekunden für dieselbe Übung.
Koenigsegg legt Wert auf die Feststellung, dass der Rekord mit einem unveränderten Serienauto gelungen ist, das lediglich mit einem Überrollbügel und Vierpunktgurt aufgerüstet wurde. Die Daten zeigen, dass der Regera für die Beschleunigung von null auf 400 km/h 22,97 Sekunden beziehungsweise 1.613 Meter brauchte – und für das Bremsmanöver 8,62 Sekunden respektive 435,26 Meter. Weil der Koenigsegg aus Platzmangel auf einer anderen Rollbahn starten musste, die Gripverhältnisse der Fahrbahnoberfläche nicht ideal waren und er einigen Unebenheiten ausweichen musste, glauben die Schweden, dass grundsätzlich sogar eine weniger als 2.000 Meter lange Strecke reichen könnte.
Aus einer 2015 vorgestellten Studie heraus wurde in nur 12 Monate Entwicklungszeit der Serien-Regera erschaffen. Dabei wurden rund 3.000 Teile geändert. Um auf die atemberaubende Leistungsangabe von „weit mehr als 1.500 PS“ zu kommen, sind natürlich ein paar Techniktricks notwendig. In Sachen Antrieb haben die Ingenieure einen 1.312 PS starken 5,0-Liter-V8 mit gleich drei Elektromotoren gekoppelt. Statt einer gewöhnlichen Integration der Elektro-Power in den Antriebsstrang leiten zwei der E-Motoren ihre je 180 kW-Power direkt an die einzelnen Hinterräder weiter. Der dritte, 160 kW starke Elektromotor ist an die Kurbelwelle angeflanscht, um Drehmomentlöcher des Verbrenners zu stopfen. Die Energie für die E-Motoren liefert ein 800 Volt-Batteriepaket mit einer Kapazität von 4,5 kWh.
Der ungewöhnliche Elektro-Antrieb wiegt 88 Kilogramm, was den Regera auf ein Gesamtgewicht (fahrfertig) von 1.590 Kilogramm bringt – deutlich mehr als die üblichen Leichtgewicht-Renner von Koenigsegg. Doch der Aufwand lohnt sich: Alleine die Elektro-Power geht mit umgerechnet 700 PS in die Gesamtrechnung ein. So kommt man auf die wahnwitzige Systemleistung von weit mehr als 1.500 PS und ein Systemdrehmoment von über 2.000 Nm.
Besonders viel Hirnschmalz haben die Schweden in die Antriebsmoment-Übertragung auf die Hinterräder gesteckt, der sie einen besonders großen Anteil am Rekord zuschreiben. Die Kombination aus Verbrenner und Elektromotor wird mit einem hydraulischen Drehmomentwandler und einem einstufigen Getriebe an die Hinterachse gekoppelt. Damit sollen sich Leistungsverluste, die im Antriebsstrang versacken, um 50 Prozent reduzieren lassen, sagt Koenigsegg. Bis 50 km/h fährt der Regera rein elektrisch, erst darüber greift der V8 direkt ins Geschehen ein. Ist der Akku zu schwach, treibt der V8 den dritten E-Motor als Generator an und liefert so Saft an die Batterie.
Gigantisch wie die Motorleistung sind auch die Fahrleistungen des Regera, die Koenigsegg zum Serienstart 2016 kommunizierte. Null bis 100? Nach 2,8 Sekunden abgehakt. Null bis 200? Nach 6,6 Sekunden erledigt. Für den Zwischenspurt von 150 bis 250 km/h sollen nur 3,9 Sekunden vergehen. Die 300 km/h-Marke fällt aus dem stehenden Start nach 10,9 Sekunden. Und 400 km/h sollten theoretisch nach 20 Sekunden erreicht sein. Die Praxis zeigte nun: Es waren fast 23 Sekunden nötig, was nicht minder beeindruckend ist.
Auch in Sachen Aerodynamik hat der Schweden-König einige Tricks auf Lager. Der Heckflügel fährt elektrisch aus, verschwindet bei niedriger Geschwindigkeit aber komplett unsichtbar im knackigen Hinterteil. Alle Öffnungen in der Karosserie lassen sich zudem je nach Fahrzustand automatisch schließen. Für den Showeffekt auf dem Parkplatz können die „Transformer-Funktionen“ auch per Smartphone gestartet werden.
Von Anfang an war klar: Mehr als 80 Exemplare des Regera wird es nicht geben. Die Kleinserie war bereits im Sommer 2017 ausverkauft, und zwar zu einem Stückpreis von rund zwei Millionen Euro. Der neuerliche Beschleunigungs- und Bremsrekord wird also nur noch die Preise gebrauchter Exemplare nach oben schnellen lassen – und die Reputation des Herstellers Koenigsegg weiter positiv aufladen.
Man kann den Sinngehalt dieser automobilen Rekordjagden sicherlich infrage stellen. Man kann es aber auch erstaunlich finden, zu welchen Höchstleistungen Hypercars vom Schlage eines Koenigsegg Regera in der Lage sind. In alle Ewigkeit sicher ist der 0-400-0 km/h-Rekord für den schwedischen Boliden deshalb noch lange nicht. Und irgendwann wird Koenigsegg auch die 300 mph-Marke noch einmal angreifen. Wetten?