Vor 20 Jahren rollte Audi den TT auf die Bühne. Der Sportwagen auf der Plattform von Golf und A3 gilt als Designikone der Marke und als Konkurrent des Porsche Boxster. Heute kostet kompakte Sportwagen nicht mehr als ein Designersofa. Was kann er?
Vor 20 Jahren rollte Audi den TT auf die Bühne. Der Sportwagen auf der Plattform von Golf und A3 gilt als Designikone der Marke und als Konkurrent des Porsche Boxster. Heute kostet kompakte Sportwagen nicht mehr als ein Designersofa. Was kann er?
Intern heißt der Audi TT schlicht und verschwörerisch "das Projekt". Es bleibt bis kurz vor dem ersten Auftritt auf der IAA 1995 auch tatsächlich geheim. Aber die Leser von auto motor und sport erfahren schon Ende Juli von den Audi-Plänen für ein A3-Coupé. "Der Volks-Porsche kommt aus Ingolstadt", titelt das Fachmagazin vor 20 Jahren. Als auf der IAA das wie ein Beduinenzelt gespannte Tuch fällt, ist auch der Name enthüllt – Audi TT.
1995 sorgt zunächst die Coupé-Studie für Furore: Das Serienauto steht ab Herbst 1998 bei den Händlern, der in Tokio präsentierte Audi TT Roadster ein Jahr später. Aber kann der TT wirklich den Vergleich mit einem Porsche aufnehmen? Im Sommer 1999 muss sich der Audi TT messen lassen: ams stellt den 225 PS starken TT Roadster mit Quattro-Antrieb gegen den Porsche Boxster zum Kräftemessen der "deutschen Roadster-Elite" auf. Der Audi TT überrascht und gewinnt den Vergleichstest. Für die Verarbeitung bekommt er sogar die Bestnote. Außerdem punktet der Ingolstädter mit seiner guten Ausstattung, dem starken Durchzug des Turbo-Fünfventilers mit 1,8 Litern Hubraum, dem Federungskomfort sowie der steifen Karosserie. Zwar kann der Audi TT bei den Fahreigenschaften sowie bei der Bremsleistung nicht ganz mithalten, und zur Faszination fehlt ihm der Sechszylinder-Klang. Aber der TT verhilft der bisher fast nüchtern auf die Technik fokussierten Marke zu mehr Emotion.
Dabei ist das gefällige Design mit Retro-Anleihen vom NSU TT/TTS entscheidend, dessen Karosserie von Ro-80-Gestalter Claus Luthe entwickelt worden war. Die Linie des Audi TT dagegen entsteht nicht in Süddeutschland, sondern im Süden der USA. Und nicht ganz zufällig liegt dort auch der Grund für eine Verwandschaft mit der Formensprache von Porsche.
In Kalifornien entwirft Freeman Thomas die Form der Studie, die auf der IAA für so viel Aufsehen sorgt. Der aus den USA stammende Thomas hatte von 1983 bis 1987 im Design von Porsche gearbeitet, danach zog er zurück in seine Heimat, wo er am Volkswagen Design Center im Simi Valley tätig war. Dort entwickelt Thomas auch die Form des VW Concept 1, aus dem später als Serienmodell der New Beetle entsteht – mit der gleichen Technik wie der A3 und der Audi TT.
Bei der Präsentation des Audi TT Coupés merkt der Audi-Pressesprecher denn auch an, dass der zunächst in den USA vorgestellte Retro-Käfer und der Vier- Ringe-Sportler "derselben Formensprache" folgen. Wer aber hinter der Form-Offensive steckt, verrät Audi damals nach guter alter Sitte nicht. Das gleiche Schicksal ereilte übrigens 1967 den NSU-Designer Claus Luthe: Damals fasste der Vorstand erstmals den Beschluss, die Namen aller Beteiligten an der Entwicklung des Ro 80 aus allen PR-Texten zu tilgen.
Dabei ist der Audi TT für die Schöpfer seiner Form ein Glücksfall: Auch für den Innenraum erhielten sie freie Hand. Äußerst kostspielig ist die reichhaltige Verwendung von Aluminium. Von den markanten Drehreglern der Luftdüsen über die Streben an der Mittelkonsole bis zu den Radioabdeckungen reicht der mattsilberne edle Glanz. Konzernchef Ferdinand Piëch hatten die Ideen von Audi-Designer Romulus Rost und dessen Team so gut gefallen, dass sie den Einzug in die Serie schafften.
Dazu gehören vermutlich auch die zwei monströs wirkenden Überrollbügel, die sich hinter den beiden Sitzen schützend über die Köpfe der Insassen erheben. Leider stören sie den Gesamteindruck der Audi TT-Form. Viel mehr aber hat der Audi-Sportwagen unter einer Unfallserie mit mehreren Todesfällen gelitten. Daraufhin bekam der Audi TT ab Januar 2000 eine Spoiler-Krause am Heck sowie auf Wunsch auch ESP verordnet. Damit vermitteln sowohl das Coupé als auch der Roadster ein sicheres Fahrgefühl. Der offene TT aber bietet als Klassiker mit den ersten Sonnenstrahlen den größeren Fahrspaß. Zwar nervt das manierierte Mokassin-Interieur, aber das gerät gleich mit dem Losfahren aus dem Blickfeld. Zugegeben: Ein wenig vermissen wir einen rauchigen Sechszylinder, als es vorbei am Porsche-Museum Richtung A 81 geht. Aber dann zieht die Kraft des Vierzylinder-Turbos alle Gedanken ins Audi TT-Hier-und-Jetzt. Das verwöhnt mit einer gelungenen Melange aus gehobener Großserientechnik und Zeitgeist-Design, das auf ewig das Lebensgefühl der späten 90er-Jahre konserviert.
Die Preise für fahrbereite Audi TT im ordentlichen Erhaltungszustand beginnen bei etwa 4.300 Euro. Dann ist meistens der Einstiegsmotor an Bord – was beim Audi TT bedeutet, ein 1,8-Liter-Vierzylinder mit zunächst 180 PS (ab 2002: 150 PS). Schon dieses Triebwerk ist ausreichend.
Die leistungsfähigeren Modelle haben auch diesen Vierzylinder mit seinen 1.781 ccm an Bord, je nach Ausbaustufe und Aufladung sind bis zu 240 PS im Audi TT 1.8 T quattro sport verfügbar. Checkheft gepflegte, unfallfreie Autos liegen bei etwa 6.000 Euro aufwärts. Die Quattro-Modelle verlangen einen Preisaufschlag, ebenso der 3.2 mit seinem 250 PS starken 3,2-Liter-V6 – immerhin hat der dann schon den Allradantrieb serienmäßig an Bord.
Das Design des ersten Audi TT ist umstritten: Aber mir gefällt dieser Ur-TT mit allen wesentlichen Charakterzügen der IAA-Studie. Der Roadster bietet als offener Zweisitzer viel Fahrspaß. Wer das Coupé kauft, holt sich ein Stück Designgeschichte in die Garage.
Audi TT Roadster 1.8 T Quattro | |
Grundpreis | 38.600 € |
Außenmaße | 4041 x 1764 x 1348 mm |
Kofferraumvolumen | 180 l |
Hubraum / Motor | 1781 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 165 kW / 225 PS bei 5900 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 237 km/h |
Verbrauch | 9,4 l/100 km |