Die Entwicklung und Produktion von E-Auto-Batterien ist bislang fest in asiatischer Hand. Doch Industrie und Politik wollen das ändern. Die (teils geplanten) Standorte im Überblick.
Die Entwicklung und Produktion von E-Auto-Batterien ist bislang fest in asiatischer Hand. Doch Industrie und Politik wollen das ändern. Die (teils geplanten) Standorte im Überblick.
Das Thema Batteriezellen für Elektroautos und deren Fertigung ist ein widersprüchliches. Einerseits heißt es immer, die asiatischen Anbieter hätten einen so großen technologischen Vorsprung und könnten die Stromspeicher so günstig fertigen, dass sich eine eigene europäische Zellfertigung nicht lohne. Dies war beispielsweise eine Begründung dafür, warum Bosch seinen Bemühungen in dieser Hinsicht im Frühjahr 2018 einstellte. Die Schwaben scheuten das finanzielle Risiko.
Andererseits wird immer wieder die Wichtigkeit der Batterien für die Elektromobilität beschworen. Selbst die Autohersteller nennen sie den wichtigsten Teil eines E-Fahrzeugs; nicht etwa den oder die Motor(en) oder das Fahrwerk. Man dürfe sich also bei den Batteriezellen nicht zu abhängig machen von den großen Playern aus China oder Südkorea. Deshalb findet allmählich ein Umdenken statt. Gemeinsam mit Firmen wie CATL, LG Chem oder Samsung und unterstützt von der Politik beginnt die europäische Autoindustrie, Zellfertigungen in Europa hochzuziehen. Vor allem Deutschland profitiert von dieser Entwicklung.
Der Bau wird zwar immer mal wieder aufgrund diverser Ursachen unterbrochen, aber grundsätzlich schreitet das Projekt Tesla-Werk in Grünheide schnurstracks voran. Inzwischen ist auch klar: An dem nahe Berlin gelegenen Standort sollen nicht nur Autos, sondern auch Batteriezellen entstehen. Tesla-Chef Elon Musk stellte in Aussicht, in Brandenburg die größte Batteriefabrik der Welt zu errichten. Im ersten Schritt solle die Produktions-Kapazität bei etwa 100 Gigawattstunden pro Jahr liegen. Später könne sie auf 250 Gigawattstunden ausgebaut werden, sagte der Ankündigungs-Weltmeister im Herbst 2020.
Hat es etwas mit der Tesla-Ankündigung zu tun, dass sich der Batteriesystem-Hersteller Microvast ebenfalls in Brandenburg ansiedelt? Nämlich im nur 50 Kilometer von Grünheide entfernten Ludwigsfelde. Wahrscheinlich nicht, denn die Amerikaner unterhielten bisher keine Geschäftsbeziehungen zu den Kaliforniern. Und das Grundstück, auf dem die neue Europazentrale entsteht, hat Microvast schon vor einiger Zeit gekauft. Das Unternehmen will insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, damit bis zu 250 Mitarbeiter jährlich 300.000 bis 500.000 Batteriemodule mit einer Gesamtkapazität von acht bis zwölf Gigawattstunden fertigen. Anfang 2021 soll die Produktion anlaufen.
Der europäische Ableger des chinesischen Batteriezellen-Herstellers Farasis Energy zieht derzeit ein Werk in Bitterfeld-Wolfen hoch. Die Fabrik in der für seine Tradition in der chemischen Industrie bekannte Stadt in Sachsen-Anhalt soll 2022 die Produktion aufnehmen. Geplant ist eine Kapazität von 16 Gigawattstunden. Erste Lieferverträge wurden bereits geschlossen. Das türkische Elektroauto-Startup Togg wird ebenso Farasis-Partner wie Mercedes-Benz, das sich über eine Kapitalbeteiligung sogar Anteile an Farasis gesichert hat.
Ab 2021 wird auch das Werk Leipzig Batteriemodule für die Hochvoltbatterien der elektrifizierten Fahrzeuge der BMW Group produzieren. Das Unternehmen investiert bis 2022 mehr als 100 Millionen Euro in den 10.000 Quadratmeter großen Standort. Bereits ab Mitte 2021 werden hier Batteriemodule in Großserie produziert. Bis 2022 sollen mehr als 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Batteriemodulfertigung am Standort tätig sein.
In Deutschland und Frankreich treibt die Politik den Aufbau einer europäischen Batteriezellen-Fertigung energisch voran. Ein daran beteiligtes Konsortium wurde vom Opel-Mutterkonzern PSA und dem zur Total-Gruppe gehörenden französischen Batteriehersteller Saft gegründet. Beide Unternehmen sind jeweils zu 50 Prozent an dem Joint Venture Automotive Cell Company (ACC) beteiligt. Nun steht fest: Die Gesellschaft wird auch in Deutschland Elektroauto-Batterien produzieren. Dafür wird am traditionsreichen Opel-Standort Kaiserslautern ein neues Werk errichtet, das 2023 den Betrieb aufnehmen und 2.000 Mitarbeiter beschäftigen soll. Pro Jahr sollen darin etwa eine Million Batterien entstehen, deren Gesamtkapazität erst bei acht und final bei 24 Gigawattstunden liegen soll.
Svolt ist ein Ableger des chinesischen Autokonzerns Great Wall Motors. Das Unternehmen entwickelt und produziert Lithium-Ionen-Akkus sowie Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge. Ab 2023 soll das auch im saarländischen Überherrn passieren. Anfang 2021 soll der Bau des Werkes beginnen, das anfangs bis zu 400 und in der finalen Ausbaustufe rund 2.000 Beschäftigten Arbeit geben soll. Anfangs plant Svolt mit einer Produktionskapazität von sechs Gigawattstunden. Diese soll abhängig von der Nachfrage in weiteren Sechserschritten auf 24 Gigawattstunden ausgebaut werden.
Es war ein Ping-Pong-Spiel zwischen Daimler und der Batterie-Fertigung in Kamenz: 2008 nahm die Li-Tec GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der Evonik und der Daimler AG, ihre Arbeit auf. Nach sieben unrentablen Jahren war mit der Produktion vorerst Schluss. Aber nicht lange: Inzwischen fertigt die Deutsche Accumotive, eine hundertprozentige Daimler-Tochter, in Kamenz wieder E-Auto-Batterien. 2019 hat die Firma bereits ihr zweites Werk in der sächsischen Stadt in Betrieb genommen und produziert dort Akkus für Pkw und Nutzfahrzeuge – unter anderem für die Mercedes EQ-Modelle.
VW-Chef Herbert Diess setzt voll auf die Karte Elektromobilität. Eine nachvollziehbare Strategie, die für die konzerneigenen Komponentenwerke allerdings nachteilig ist. Beispiel Salzgitter: Was passiert mit einem Werk, in dem Verbrennungsmotoren gefertigt werden, wenn keine Verbrennungsmotoren mehr gefragt sind? Die Antwort im konkreten Fall: Es entstehen Batteriezellen für Elektroautos. Zusammen mit seinem neuen Partner Northvolt investiert VW etwa eine Milliarde Euro in Salzgitter, damit etwa 1.000 Beschäftigte genug Akkus produzieren, um einen Großteil des eigenen Batteriebedarfs abzudecken. 2020 soll in Salzgitter außerdem eine Batterieforschung ihre Arbeit aufnehmen.
Der Spatenstich ist bereits erfolgt: 2022 will der Zellfabrikant Contemporary Amperex Technology (CATL) am Erfurter Kreuz seine neue Fabrik in Betrieb nehmen. Der chinesische Konzern investiert 1,8 Milliarden Euro, damit etwa 2.000 Mitarbeiter in einem der weltgrößten Batteriezellenwerke E-Auto-Akkus produzieren. Bei der Entscheidung für den Standort in Thüringen dürften auch die Interessen von BMW eine Rolle gespielt haben. Der bayerische Autohersteller ist über sein chinesisches Joint Venture Brilliance an CATL beteiligt und möchte ein Drittel seines Akkubedarfs aus deutscher Produktion decken. Die Lieferwege dürften kurz werden: BMW fertigt in Leipzig den i3 und in Dingolfing den neuen iX.
Bisher handelt es sich hier um eine eher kleine Zellproduktion: Aktuell fertigt Leclanché an dem baden-württembergischen Standort jährlich eine Million Lithium-Ionen-Zellen mit insgesamt 200 Megawattstunden Kapazität. Doch aktuell investieren die Schweizer zusammen mit der polnischen Eneris Group kräftig in das Werk, um die Produktion bis 2022 auf eine Gigawattstunde auszubauen. Langfristig sollen sogar die Voraussetzungen für 2,5 Gigawattstunden geschaffen werden.
An einem zweiten Batteriezellen-Verbund beteiligen sich sogar neun europäische Staaten. An der Spitze der Initiative steht das Bundeswirtschaftsministerium, das den Aufbau einer einheimischen Batteriezellen-Produktion mit einer Milliarde Euro fördert. Allerdings ist noch nicht offiziell bekannt, welche Firmen die Mitglieder dieses zweiten Konsortiums sind. Das "Handelsblatt" nennt unter anderem BMW, BASF sowie Varta und ein viertes deutsches Unternehmen. Wo die Fertigungsstätten errichtet werden sollen und wie viele Arbeitsplätze dort entstehen könnten, ist bisher ebenfalls noch nicht bekannt. Die Förderung der Wertschöpfung und der Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland ist aber ein konkretes Ziel der Initiative.
Vor und zurück ging es auch für TerraE. Im Frühjahr 2017 wurde in Frankfurt das Konsortium von sechs Firmen gegründet – mit dem Ziel, schrittweise eine Batteriezellen-Fabrik bis hin zur Gigafactrory aufzubauen. Federführend war der Akku-Spezialist BMZ Group aus Karlstein, der TerraE im Herbst 2018 komplett übernahm. Bisher verarbeiten die Unterfranken asiatische Batteriezellen zu Lithium-Ionen-Akkus, die unter anderem von Streetscooter genutzt werden, dem Aachener Produzenten von Elektro-Transportern. Nun wollen sie selbst eine Zellenfertigung aufziehen und sind für dieses Projekt auf Investorensuche.
Bevor Batteriezellen gefertigt werden können, müssen sie entwickelt werden. Ein dafür vom Staat mit 500 Millionen Euro gefördertes Forschungszentrum soll an der Universität Münster entstehen. So weit, so klar. Oder doch nicht? Pikant ist der Zuschlag für die nordrhein-westfälische Universitätsstadt deshalb, weil Experten eigentlich andere Standorte favorisierten. Zudem soll der Vergabeprozess nicht ganz sauber abgelaufen sein, und der Wahlkreis von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) liegt im benachbarten Tecklenburger Land. Wie es aussieht, behält Münster allerdings den Auftrag.
Wie die oben abgebildete Karte zeigt, sind auch andere europäische Länder nicht gerade untätig, was die Etablierung neuer Werke für die Zellfertigung für Elektroauto-Batterien angeht. Im polnischen Wroclaw oder in Göd, Ungarn, haben diese bereits ihre Arbeit aufgenommen. Doch die Karte zeigt auch ein gewisses Ungleichgewicht: Neben Deutschland siedeln sich die Batteriehersteller vor allem in Osteuropa und vereinzelt auch an skandinavischen Standorten sowie in Großbritannien an.
Für die britische Insel gibt es inzwischen neue Pläne für sogenannte Gigafactorys. Eine davon soll in Coventry entstehen; die Stadt in den Midlands war bis zum Niedergang der britischen Autoindustrie deren unbestrittenes Herz. In der Fabrik sollen 4.000 Beschäftigte Arbeit finden; hinzu kommen weitere Arbeitsplätze bei den umliegenden Zulieferern. Wann sie ihre Arbeit aufnimmt, steht jedoch noch nicht fest. In Blyth, gelegen im Nordosten Englands, sind sie einen Schritt weiter. Dort plant Britishvolt, 2023 seine erste Fabrik in Betrieb zu nehmen. Der neu gegründete Batterie-Konzern will 2,6 Milliarden Pfund investieren und dort bis zu 3.000 Menschen zu beschäftigen. In der umliegenden Lieferkette sollen 5.000 weitere Jobs entstehen.
Auch Süd- und Westeuropa ist bisher ein weitgehend weißes Blatt in Sachen Akku-Produktion für Elektroautos – vor allem die iberische Halbinsel. Doch auch das wird sich ändern. Angeführt von Ford, das in der Nähe ein Automobilwerk betreibt, will ein Konsortium von 23 Unternehmen in der ostspanischen Hafenstadt eine Gigafactory errichten. Die Allianz will Medienberichten zufolge zwei Milliarden Euro in die Fabrik investieren und 30.000 Arbeitsplätze schaffen.
Es tut sich was in Sachen Batteriezellen in Deutschland und Europa. Und das anscheinend gerade noch rechtzeitig, bevor die Elektromobilität hierzulande so richtig durchstartet. Voraussetzung dafür sind wiederum funktionierende und reichweitenstarke Akkus. Alles hängt also mit allem zusammen, weshalb sich Deutschland auch bei allen Aspekten konsequent positionieren muss.